Trotzdem gibt es noch viele Probleme

■ Das Berliner Glühlampenwerk NARVA und Dieter Binningers Langlebensdauerglühlampen-Firma »Videor« berappeln sich — 7. Lieferung

Der Kampf um die Lebensdauer geht weiter: 'Bild‘ enthüllt »Furchtbares: So starb Rohwedder wirklich! Der Tathergang ist jetzt minutiös geklärt: Treuhandchef Rohwedder war bereits im Schlafzimmer. Dort fiel ihm ein, daß er im Arbeitszimmer eine kaputte Glühbirne auswechseln wollte. Frau Rohwedder holte die Birne aus dem Erdgeschoß. Als Karsten Rohwedder sie in die Lampe schraubte und die Birne das Zimmer erleuchtete, traf ihn der tödliche Schuß.« Wie auch schon im Falle des tödlichen Flugzeugabsturzes des Langlebensdauerglühlampen-Erfinders Binninger: Wollten uns — Leser — die 'Bild‘-Journalisten damit zu verstehen geben, daß als Täter nur das internationalen Glühbirnenkartell Phoebus S.A. mit Sitz in der Schweiz in Frage kommen kann?

Bei Binninger hatte die 'Bild‘ ein Interview mit einer Wirtschaftsprüferin beim Senator für Wirtschaft abgedruckt, der eine von Binninger konstruierte kleine »Mengenlehreuhr« just in dem Moment stehengeblieben war — und bis heute nicht wieder in Gang zu bringen ist — als der Erfinder mit seinem Flugzeug im Todesstreifen bei Helmstedt abstürzte: »Es gibt Dinge, die können kein bloßer Zufall sein!« (7. 3. 91) Die Wirtschaftsprüferin, Frau Melcher- Andric (53), die in der Abteilung Berlin-Präferenzen-Prüfung gearbeitet hatte und also mit der Wiedervereinigung praktisch ihren Arbeitsplatz verlor: »Wir waren ein duftes Team dort!« — kannte sich sowohl im Osram-Konzern aus als auch in Binningers Firma, da die Anerkennung seiner Langlebensdauerglühlampen- Erfindung als »volkswirtschaftlich wertvoll« durch den Finanzsenator über ihren »Schreibtisch gegangen« war. Von Binninger hielt sie sehr viel — er war geradezu ihr unternehmerischer Hoffnungsträger in der damals noch geteilten Stadt gewesen: »Auf dem Gebiet tummelt sich viel Unseriöses. Glauben Sie mir, ich kenn' mich da aus, das seh' ich manchen schon auf den ersten Blick an. Aber der Binninger war wirklich ein feiner Mensch.« Er war dann vier Tage nachdem er sein Kaufangebot für NARVA bei der Treuhand eingereicht hatte abgestürzt.

Zu NARVA wollte oder konnte sie sich nicht äußern. Dazu erfuhren wir aber von einem Mitarbeiter der US- Unternehmensberatungsfirma Price-Waterhouse, die das Berliner Glühlampenwerk auf dem internationalen Markt zum Verkauf anbieten soll, daß »es in diesem Geschäft nur um Profit geht. Da werden alle Spielarten durchgespielt, glauben Sie mir.« Nachdem »der Berliner Binninger« als NARVA-Aufkäufer ausgefallen war, ging ein neues Übernahmeangebot von einer japanischen Firma bei der Treuhandanstalt ein. Andere fernöstliche Unternehmer taten erstaunt, als sie auf der gerade zu Ende gegangenen Hannover-Messe einen NARVA-Stand entdeckten: »Was, es gibt Sie noch? Wir dachten, Osram hätte Ihre Firma aufgekauft. Wir haben doch selber Investitionsinteresse gehabt.« Ähnliches hatten wir auch von Price-Waterhouse schon gehört: Während die Siemens-Osram-Leute in der für die NARVA- Privatisierung zuständigen Horst- Blaschen-Gruppe der Treuhand einen Schließungsbeschluß für das BGW durchsetzten, ließ der Konzern gleichzeitig »überall in der Welt verbreiten, daß Osram NARVA bereits so gut wie gekauft hätte.«

Price-Waterhouse gelang es immerhin, den Schließungsbeschluß wieder »vom Tisch« zu bekommen. Gegen Price-Waterhouse, aber auch gegen Osrams »Marktstrategien«, kämpft der steiermärkische Unternehmensberater Hegele, der sich für die Übernahme NARVAs durch eine japanische Firma stark macht: »Ich werde mit den Leuten in bezug auf NARVA Krieg anfangen, wenn es sein muß.« Hegele hatte zu Jahresbeginn dafür gesorgt, daß der Wende- Geschäftsführer des BGW, Ralf Sommer, von zwei Westmanagern abgelöst wurde und sein Sohn Hegele Junior einen Sitz im neuen NARVA- Aufsichtsrat bekam. Die Idee mit den zwei Westmanagern bedauert er mittlerweile. Jene kappten erst einmal die Zusammenarbeit mit der Langlebensdauerglühlampenfirma Binningers — indem sie dem dafür verantwortlichen Produktionsleiter bei NARVA und seine Mitarbeiter kündigten, und kooperierten statt dessen mit einem Konstanzer Erfinder, Holzer, der eine Energiesparlampe in Doppelhelixform entwickelt hatte. Diese »Wunderlampe« — »Prolite« genannt — wurde dann von NARVA auf der Hannover-Messe präsentiert. Zur Massenherstellung müssen erst noch die entsprechenden Produktionsstrecken gebaut werden. Bisher besitzt das BGW nur eine, gerade für 20 Millionen DM von Osram gekaufte, Anlage für Energiesparlampen, die Osrams Dulux ähnlich sehen. »Aber dann«, sagte neulich der Konstanzer Erfinder, »treten wir in den Krieg mit Osram und Konsorten ein — wenn die Treuhand uns läßt.« Solche militanten Vokabeln lieben die leitenden Kader bei NARVA zwar überhaupt nicht, aber selbst der Betriebsratsvorsitzende, Christfried Ludwig, hat mittlerweile starke »Aversionen gegen die Westkonkurrenz«, wie die 'ZEIT‘ neulich schrieb: Nicht nur, daß Osram »den einstigen DDR-Monopolisten auf einen Marktanteil von gerade noch zehn Prozent hinuntergedrückt« habe, auch die »besten Facharbeiter« hätte der Westkonzern weggeschnappt — auf ihrem »Weg zur S-Bahn«. Der BGW-Flurfunk weiß sogar zu berichten, daß die Siemens-Osram-Leute in der Treuhand eine NARVA-Kreditbürgschaft verhindert hätten bisher — um selber in das Exportgeschäft mit der Sowjetunion reinzukommen. Ein Philips- Manager, Brunswick — von Binninger im letzten Jahr an NARVA vermittelt —, baut dafür und für 40 Millionen DM jetzt dem BGW ein neues Vertriebsnetz — nach Westen — auf. Zwar ist auf dem Lampenmarkt seit der Wiedervereinigung einiges durcheinandergeraten, aber insgesamt bewirkte die Wende einen Rückschritt bei der Internationalisierung und Entflechtung des westdeutschen Kapitals — das sich bald danach fast einträchtig in der Treuhandanstalt versammelte und gemeinsam »die Ausländer« abzuhalten versuchte. Mittlerweile gibt es dort eine regelrechte Prioritätenliste (das asiatische Kapital rangiert darauf erst an vierter Stelle). THA-Präsident Rohwedder geißelte dieses Geschäftsgebaren öffentlich: »Die benehmen sich wie die Kolonialoffiziere.« Alle ihre unsauber gelösten »Interessenskonflikte« (»die deutschen Manager haben dabei leider weniger Hemmungen als die angloamerikanischen«, so Kilian Krieger von Price-Waterhouse) in der Treuhand werden — naturgemäß, möchte man sagen — »Veruntreuungen« genannt. Auf einem Axel-Springer-Gedächtnistreffen im Springer- Verlag am 25. April meinte Treuhand-Präsidentin Birgit Breuel: Viel schlimmer als die alten Seilschaften seien die neuen. Sie vermutete weitere Korruptionsfälle: »Die Versuchung ist einfach zu groß.«

Über die bisher bekanntgewordenen »Veruntreuungen« hatte der bereits im Westberliner Korruptionsskandal als Leiter der »Soko Lietze« zu einiger Ehre gelangte Kripo-Ermittler Schmidt, »ein echter Wahnsinniger, der wirklich noch das Böse bekämpfen will!« (so Dieter Kunzelmann auf RTL plus), den vormaligen Treuhand-Präsidenten schon vor Ostern informiert. Rohwedder wollte dazu am Osterdienstag eine Pressekonferenz geben. Am Montag wurde er — beim Auswechseln einer Glühbirne, wie gesagt — erschossen. Mit einer Langlebensdauerglühlampe wäre ihm das nicht passiert! — könnte man im Hause Binninger leicht sagen. Nur leider ist mit dem Tod des Erfinders »das entsprechende Know-how« nicht mehr vorhanden. Und die Zusammenarbeit mit NARVA so gut wie beendet, obwohl NARVA-Vertriebschef Brunswick nach wie vor noch Geschäfte mit Binningers Firma »Videor« macht. Seine Nachfolger und Erben haben sich jetzt aber vor allem auf den Import chinesischer Billig-Energiesparlampen (sie kosten ca. 30 DM, die 150.000-Stunden-Glühbirne 5 DM) gestürzt: »Wir wissen, das ist kein Produkt für die Umwelt, aber das ist jetzt nun mal der Renner«, so der NVA-Informatiker und Brunswick- Schüler Herr Weise, der jetzt Geschäftsführer bei »Videor« ist. Ähnliches hatte auch schon Binninger, der das China-Geschäft seinerzeit anleierte, gesagt. Um es effektiv auszugestalten, hatte sogar eine Vertreterin der »China National Electronic Import and Export Corporation« (CEIEC), Miß Zou, ihren »Stammtisch« bei der Firma »Videor« aufgestellt. Neulich hatten wir Gelegenheit, sie darüber ein bißchen auszufragen:

»Ich habe zuerst an der Hochschule für Fremdsprachen in Shanghai Deutsch studiert, danach im Ministerium für Elektronik in einem Forschungsinstitut gearbeitet, dann bei der Carl-Duisberg-Gesellschaft eine Ausbildung in Betriebswirtschaft gemacht, und jetzt arbeite ich beim chinesischen Außenhandelsunternehmen CEIEC, das untersteht dem Außenhandelsministerium und dem Ministerium für Elektroindustrie, ist aber selbständig. Wir haben eine Vereinbarung mit Herrn Binninger getroffen, daß wir chinesische Produkte — Energiesparlampen vor allem — hier vertreiben. Vielleicht werde ich auch bei seiner Firma einsteigen, sage ich ganz offen. Im Gespräch ist auch, daß wir die Langlebensdauerglühlampen in Lizenz in China produzieren — und zwar die 150.000-Stunden- Variante. Ich habe zu Hause zwei Aufgaben bekommen: einmal, daß ich mit Herrn Binningers Firma zusammenarbeite und zweitens muß ich den deutschen Binnenmarkt untersuchen — auf dem Gebiet der Elektronik, Schwerpunkt Konsumgüter, insbesondere Energiesparlampen. Früher haben wir viele Leuchtstofflampen in die DDR exportiert, das ging an NARVA, und die haben die dann wieder in die BRD reexportiert. Es gibt viel chinesische Braunware hier im Angebot. Das ist fast immer unter anderem Namen: z.B. Schneider-Computer, Sonic, Watson — das sind teilweise auch Joint-ventures. Wir wollen daneben natürlich auch unseren eigenen PC — der heißt 'Große Mauer' — hier verkaufen. Da wir noch am Anfang stehen, entwickeln wir das alles Schritt für Schritt, fangen mit bestimmten Waren an — in Zusammenarbeit mit Herrn Binningers Firma. Und mit Energiesparlampen. Irgendwann können das auch Computer sein, wenn der Bedarf da ist. Wegen der Unruhen am 4. Juni 1989 haben viele westliche Länder China wirtschaftlich bestraft. Und auch mit der Wiedervereinigung ist das Geschäft für uns in Deutschland schwerer geworden, insbesondere mit den damaligen DDR-Firmen. Die haben kein Geld mehr, und auch das Geschäft Ware gegen Ware läuft nicht mehr.

Es gibt sicherlich Produkte in China, die hier noch gar nicht bekannt sind, oder überhaupt auf dem Weltmarkt. Aber vorrangig sind erst einmal andere Probleme: Erstens die Qualität, d.h., die chinesischen Produktionsmittel sind nicht so gut wie hier in Deutschland. Es gibt auch weniger Kontrollmöglichkeiten bei uns. Weniger Prüfungen und Zwischenkontrollen während der Produktion. Deswegen ist die Qualität der Produkte nicht so ideal. Das ist das Hauptproblem zur Zeit bei unseren Exporten. Dennoch hat die chinesische Energiesparlampe gute Chancen auf dem deutschen Markt: Sie hat 5 mg Quecksilber, genausoviel wie die von Osram oder Philips, und man kann sie auch mühelos über 7.000mal an- und ausschalten, wie es die Untersucher der Stiftung Warentest mit den europäischen Energiesparlampen-Markennamen getan haben. trotzdem gibt es noch viele Probleme, ich meine jezt mit meiner Arbeit hier, jetzt benötige ich z.B. ein neues Visum oder muß für zwei Monate zurück nach China. Man muß das alles lösen. Das ist nicht ganz einfach. Auch hier bei Herrn Binningers Firma. Jetzt, wo er tot ist. Aber ich sehe doch viele Möglichkeiten, daß diese Firma weiterexistieren kann. Sie hat doch schon einen sehr guten Anfang gehabt. Und ein sehr gutes Kundennetz aufgebaut. Und unsere Firma kann sie auch gut unterstützen bei ihren Warenbestellungen in China. Dabei können wir helfen. Auf jeden Fall wollen wir unseren Brückenkopf nicht aufgeben.« Soweit Miß Zous Auskünfte — die chinesische Energiesparlampe bei Binninger betreffend. Wenn es Frau Po, stellvertretende Generaldirektorin von CEIEC nicht gelingt, in China eine Fabrik zu finden, die die Langlebensdauerglühlampen in Lizenz herstellt, steht es schlecht um Binningers Erfindung. Auch der Großabnehmer Bewag — der damit die Speer-Leuchten am Großen Stern mit erleuchtet — wird demnächst die Binninger-Birnen rausschmeißen und statt dessen die soeben von Osram auf der Hannover-Messe präsentierten farbverbesserten Natrium-Dampflampen verwenden. Im Ostteil der Stadt eleminiert die Bewag gerade überall die NARVA-Lampen: »Wir haben die getestet, neue und gebrauchte, wenn die Qualität annähernd die gewesen wäre, die wir eben so gewohnt sind, dann hätten wir sicherlich sofort — bei Bedarf natürlich — die Firma NARVA aufgefordert, uns weiter zu beliefern«, so der Leiter der Bewag- Abteilung öffentliche Beleuchtung, Dr. Heissler. Bei NARVA munkelt man, er sei ein »Osram-Mann«. Tatsache ist, daß er an der TU Lichttechnik studiert hat und daß dieses Institut quasi ein verlängertes Osram-Labor ist. Andererseits hat NARVA jetzt eine verlängerte Forschungsabteilung bei Osram. Man nennt sie dort »die Viererbande«: Professor Günther und sein Entwicklerteam. Osram genehmigte ihnen alle Vergünstigungen und das beste Equipment, was so manchen Alt-Osram-Forscher neidisch werden ließ: »Die müssen nicht mal im Großraumbüro sitzen, die haben ein eigenes Aquarium für sich bekommen, dort hocken sie ewig zusammen und beraten sich!«

Der neue Leiter der Entwicklung bei NARVA, Detlev Ulrich — Nachfolger von Professor Günther — würde sich schon freuen, wenn die Bewag »ordentliche Ausschreibungen« durchführte. Angeblich soll ein leitender Bewag-Kader gesagt haben: »Wir werden Berlin mit Osram ausleuchten.« Tatsache ist, daß die Bewag »mit der Wiedervereinigung automatisch durch das Wiederbeleben des Konzessionsvertrages von 1934 verpflichtet wurde, ihre Aufgaben in Gesamt-Berlin wahrzunehmen, so daß der BLS GmbH, vormals Bezirksdirektion Straßenwesen bzw. Energiekombinat, automatisch dieses Ressort öffentliche Beleuchtung entzogen war.« (Dr. Heissler) Vor 1934 gehörte die Bewag zu Siemens/ Osram. Aber auch nach der Kommunalisierung dieses Versorgungsbetriebes kam es noch zu »verzerrten Wettbewerbsbedingungen« (Lothar Späth): So wurden im amtlichen Mitteilungsblatt von 1940 z.B. »die Herren Reichsstatthalter in der Ostmark« vom Minister für Erziehung und Wissenschaft mittels eines »Runderlasses« angewiesen, primär Lampen von Osram bzw. von über Osram arisierten Firmen zu bestellen. So wenig »wissenschaftlich« war das damals geregelt! Aber wir wollen hier das Siemens-Tochterunternehmen nicht dämonisieren: die Glühbirnen-Kartellanalysen des Deutsch-Brasilianers Kurt Rudolf Mirow bezeichnet man im Bundeskartellamt als »leicht paranoid« und wir lassen uns sowieso eher von der kritisch-paranoischen Methode, mit der Thomas Pynchon die Phoebus S.A. analysierte, leiten, wobei es uns konkret um die Binningersche Langlebensdauerglühlampen geht. (In der nächsten 'Zitty‘- Ausgabe findet sich dazu ein Artikel — zur Annoncierung zweier Ausstellungen, die sich ebenfalls mit der Binninger-Birne befassen.) Dr. Heissler von der Bewag hatte während seines Studiums »zufällig« mal eine wissenschaftliche Arbeit über die »Lebensdauer einer Glühlampe« verfaßt, wobei er zu dem Ergebnis gekommen war: Die jetzt international übliche Brenndauer von 1.000 Stunden sei »das Optimum«. Genauso sehen das auch die Wissenschaftler bei NARVA. Anfang der achtziger Jahre wurden jedoch im BGW und gemäß eines Tungsram-Kooperationsvertrages eigene »Langlebensdauerglühlampen« hergestellt. »Illjitschs Lämpchen« brannten immerhin halb so lange wie die »Normallampen« aus China, dem bis jetzt nicht einmal — wie Rußland — ein Beobachterstatus im internationalen Glühlampenkartell eingeräumt wird. Spätestens seit der Einwestung des Managements bei NARVA setzt man dort, ebenso wie bei Osram und seit Binningers Tod auch in seiner Firma, auf die Energiesparlampe.

Osram bietet dazu mittlerweile den Stadtreinigungsbetrieben der Kommunen auch die entsprechenden Recyclingslampen an. Und ein ehemaliger NARVA-Ingenieur sowie ein Westberliner und ein Frankfurter Erfinder, arbeiten gerade an einer solchen Anlage. Bei »Videor« denkt man an ein Rückgaberecht für die ausgebrannten chinesischen Lampen, immerhin hatte Binninger seinerzeit auf seine wiederverwendbare Neuner-Packung für Langlebensdauerglühlampen den Blauen Engel bekommen und ein Dankesschreiben von Umweltminister Töpfer: »Ihr Vorgehen ist ein sehr gutes Beispiel, daß die Industrie sehr wohl abfallvermeidende Verpackungskonzepte entwickeln und realisieren kann.« Zu den Recyclingsanlagen für Energiesparlampen muß man hinzufügen: daß das natürlich alles grober grüner Begriffs-Schwindel ist: 1. wird in den Haushalten nur noch 7 Prozent des gesamten Stromverbrauchs für Licht aufgewendet, man spart also gar nichts und 2. werden diese Kompaktleuchtstoffröhren, wie sie mittlerweile auch von der Stiftung Warentest genannt werden (»Wir sind da in der Vergangenheit ein bißchen der Öko- Werbung der Hersteller aufgesessen«), in den Anlagen nicht recycelt — d.h. der Wiederverwendung, sondern nur getrennt und dann entsorgt, wobei bestimmte Anteile — Quecksilber z.B. — als Sondermüll deklariert werden. Einzig bei NARVA im Erzgebirge wurde »früher« das Quecksilber aus alten Leuchtstoffröhren wieder in die Produktion neuer Lampen eingeschleust — aus Devisengründen. Jetzt geht es nur noch darum, sich zu konsolidieren und Märkte zurückzuerobern: »In zwei bis drei Jahren muß die Braut geschmückt sein«, meint NARVAs neuer Geschäftsführer aus Düsseldorf, Schlichting — und denkt dabei vielleicht an die japanische Firma, die vom Tokioter Büro der Price-Waterhouse-Consulting »betreut« wird und »Investitionsinteresse bei NARVA signalisiert« hat.

Die 4.000 entlassenen BGWler (von 5.000) sehen sich dagegen in diesen ganzen Lampengeschichten (»das Wort kommt von Schichten«, so Thomas Kapielski) als »Bauernopfer« — damit bei NARVA nicht vollends das Licht ausgeht. »Dort bleiben nur noch die Kriegsgewinnler übrig«, meinte neulich ein auf Nullstunden-Kurzarbeit gesetzter und mittlerweile gekündigter NARVA-Ingenieur, der sich anschließend von einem eingeflogenen Gruner & Jahr-Vertriebschef beim Berliner Verlag sagen lassen mußte: »Sie müssen sich besser verkaufen!« Vom volkseigenen Betrieb (VEB) BGW zur Vollbeschäftigungsgesellschaft (VBG) GmbH. In den »Orientierungskursen« dieser neuen, überaus personalintensiven Scheinfirmen lernen die Beschäftigten erst einmal die wichtigsten Paragraphen des BGB kennen und — so hoffen die Ausbilder — schätzen. Künstlergruppe BILD kämpft für NARVA