piwik no script img

Arbeitsministerium macht auf 'Bild‘ in 'Bild‘

■ Im Originalgewand der 'Bild‘-Zeitung wirbt Blüm für das „Gemeinschaftswerk Aufschwung Ost“

Berlin (taz) — Fünf Millionen 'Bild‘-Leser können nicht irren, sprach Bundesarbeitsminister Norbert Blüm und ließ eine Werbeagentur zu Taten schreiten: Was sonst kein Schwein liest, weil es zu langweilig und dröge, als 'Bild‘- Zeitung getarnt könnten die Verlautbarungen des Ministers unters Volk gebracht werden — jedenfalls unters Volk des Ostens der Republik. Und so finden sich diese Woche zwei ganze Seiten zum Thema „Gemeinschaftswerk Aufschwung Ost“ in der Ostauflage des Massenblattes. Vor und zurück geht es in Kurzmeldungen, Kommentaren, Zitatkästen und Interviews um all die vielen guten sozialen Taten der Bundesregierung in den fünf neuen Bundesländern: um Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Umschulungen, Chancen für die Umwelt und viel, viel An- und Zupacken. Aufmacher der Doppelseiten: ein Interview mit Bundesminister „Dr. Norbert Blüm“ höchstselbst. Erst auf den zweiten Blick entdeckt der Leser, daß das, was da im Original-'Bild‘-Outfit daherkommt, eine zweiseitige Anzeige eben jenes Ministers ist, der sich dort oben befragen läßt. Kenntlich gemacht nur durch einen kleinen Impressumkasten am Ende und das verschämte Signum „Anzeige“ im Titelkopf. Ansonsten Aufmachung, Schrifttyp, Struktur — alles zum verwechseln ähnlich im 'Bild‘-Zeitungsstil, nur nackte Busen und Werbung fehlen, aber Werbung sind diese zwei Seiten selber, und den Steuerzahler haben sie 180.000 Mark gekostet.

Gut angelegtes Geld, findet Norbert Blüms Pressesprecher Ludger Reuber. „Im Interesse des Steuerzahlers sind wir in das Layout der 'Bild‘-Zeitung hereingegangen. Wir haben uns des Umfelds bedient, damit die Leute das auch lesen.“ Und damit die zweiseitige Anzeige auch wirklich 'Bild‘-echt ist, hat man dafür eigens einen früheren Journalisten des Schmuddelblattes als Redakteur angeheuert. „Etikettenschwindel“ will man diese bewußte Vermischung mit der 'Bild‘ im Haus Blüm nicht nennen, eher eine kluge Werbestrategie. Am 21. Mai wird das zweite 'Bild‘-Plagiat unter presserechtlicher Verantwortung des Bundesministeriums für Arbeit erscheinen, und demnächst darf man ähnliche Werke auch in anderen Printmedien erwarten. Dann tarnt sich Norbert Blüm im Outfit des Ost-Auflagenrenners 'Superillu‘ und 'Super-TV‘. Vera Gaserow

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen