: Nordirland: Gespräche ante portas
Scheitern der Nordirlandgespräche vorerst verhindert Verhandlungen trotz verhärteter Fronten ■ Aus Dublin Ralf Sotscheck
Die Verhandlungen über die Zukunft Nordirlands können am Montag mit fast dreiwöchiger Verspätung beginnen — falls nichts mehr dazwischenkommt. Die Führer der beiden unionistischen Parteien, die für ein Verbleiben Nordirlands im Vereinten Königreich eintreten, haben nach zweistündigen Gesprächen mit dem britischen Premierminister John Major erklärt, daß sie zur ersten Verhandlungsrunde im Belfaster Schloß Stormont erscheinen werden. Wie es danach weitergeht, ist jedoch noch völlig unklar.
Die erste Phase der Gespräche zwischen Vertretern der nordirischen Parteien mußte bisher immer wieder verschoben werden, weil man sich über den Verhandlungsort der zweiten Phase, zu der die Dubliner Regierung hinzugezogen wird, nicht einigen konnte. Darüber hinaus herrschten Unstimmigkeiten darüber, wer diese Verhandlungsphase leiten soll. Der britische Nordirlandminister Peter Brooke, der die Gespräche nach 15monatigen zähen Verhandlungen initiiert hatte, verlor am Dienstag schließlich die Geduld und setzte den Unionisten ein Ultimatum: Falls sie seinem Kompromißvorschlag — die Gespräche sollen unter Leitung eines „unabhängigen Vorsitzenden“, möglicherweise des ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter, irgendwo in Nordirland stattfinden — nicht binnen 24 Stunden zustimmten, würde er die ganze Sache abblasen.
Die Unionisten umgingen jedoch eine Antwort. Sie erklärten, daß sie Brookes Kompromißformel „prinzipiell ablehnen“, jedoch nicht für ein Scheitern der Verhandlungen verantwortlich sein wollen. Deshalb würden sie zur ersten Gesprächsrunde erscheinen. Der weitere Verlauf hänge jedoch von genau den strittigen Punkten ab, die der Nordirlandminister durch sein Ultimatum klären wollte.
Brooke hat bis Montag alle Hände voll zu tun, um die anderen Verhandlungspartner bei der Stange zu halten: Sowohl Nordirlands katholische Sozialdemokraten (SDLP) als auch die Dubliner Regierung sind verärgert darüber, daß die Unionisten Brookes Ultimatum praktisch verworfen haben. Schließlich hatte der Nordirlandminister bisher selbst darauf bestanden, daß sämtliche Fragen zum Ablauf der zehnwöchigen Gespräche, an deren Ende ein neues britisch-irisches Abkommen zu Nordirland stehen soll, bereits vor Beginn der ersten Phase geklärt sein müssen.
Davon ist man jedoch meilenweit entfernt. Brooke muß nun die SDLP und die irische Regierung dazu überreden, die Dinge zu nehmen, wie sie kommen. Sollte ihm das nicht gelingen, so wäre ein weiterer Versuch zur Lösung des nordirischen Konflikts bereits in den Startlöchern steckengeblieben.
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