: Nur Müll, kein Konzept
Sachsens Entwurf weit hinter bayerischem „Besseren Müllkonzept“ zurück ■ Von Detlef Krell
Dresden. Wer in Dresden seine gesammelten Einwegverpackungen wieder zum Supermarkt bringt, hat zwar das kommunale Abfallgesetz im Rücken, aber das des Landes vor den Füßen. Die städtische Abfallverodnung gestattet es, Verpackungsberge wieder dahin zu bringen, wo sie mitgekauft wurden; sie zwingt auch ambulante Händler, nur Waren in Mehrwegverpackungen anzubieten. Doch der jetzt vorgestellte Entwurf einer Landesabfallsatzung kennt solche Vorstöße gegen die Produzenten der Müllawine nicht. Die drakonische Gebührenregelung Dresdens findet im Regierungsentwurf keinen Rückhalt, es bleibt beim bloßen Appell. Niemand kann den KundInnen verbieten, ihre leeren Sixpacks beim Handel abzuliefern; aber diesen kann auch niemand zwingen, das Zeug anzunehmen.
Als „sachlich unzureichend, juristisch unpräzise und für ein Vorschaltgesetz zu spät“ weist die Landtagsfraktion Bündnis 90/Grüne nach einer öffentlichen Anhörung das kürzlich vom Umweltministerium vorgelegte Landesabfallgesetz zurück. Angesichts des Müllnotstandes in Sachsen bleibe der Entwurf hinter dem bayerischen „besseren Müllkonzept“ weit zurück, faßte Umweltsprecher Klaus Geber die Kritik seiner Fraktion und zahlreicher Umweltinitiativen zusammen. Der Auftrag zur Müllvermeidung komme entschieden zu kurz. Völlig ignoriert werde die Entsorgung von Sondermüll. So bleiben die Betriebe mit ihren Problemen alleine, die sie auf legalem Weg nicht lösen können. Nicht akzeptabel sei für die Kommunen, daß ihnen Verantwortung und Initiative durch die vom Ministerium verordneten Zweckverbände entzogen werden. Eine direkte, demokratische Kontrolle sei dann kaum möglich. Es sei nicht zu erwarten, daß so ein Zweckverband aus müllproduzierenden und müllaufnehmenden Kommunen ein wirksames Abfallkonzept zustande bringe. Skepsis sei auch gegen eine private Abfallwirtschaft angebracht, zumal im Entwurf nichts für oder gegen einen Müllimport geregelt sei.
Klaus Geber erwartet vom Entwurf eines Vorschaltgesetzes, „daß er die Grundlinien der Abfallwirtschaft in progressiver Weise beschreibt“. Deshalb sei unklar, weshalb die von der Arbeitsgruppe „Umweltgesetzgebung“ des Sächsischen Forums als Nachfolger des Runden Tisches geleistete Arbeit nicht einmal zur Kenntnis genommen worden sei. Eva Jähnigen, Stadtverordnete der Alternativen Fraktion und Mitglied der Grünen Liga, erläutert, daß im Konzept dieser Arbeitsgruppe für Müllverminderung, Müllvermeidung und für die Verwertung von Müll über den Regierungsentwurf weit hinausgehende, praktikable Regelungen angeboten werden. Eine thermische Verarbeitung sei zwar zugelassen, aber nur, wenn keine andere Technologie möglich sei. Entscheidend sei der politische Wille, Abfall zu vermeiden. Klaus Geber kündigte an, daß die Fraktion Bündnis 90/Grüne das von der Arbeitsgruppe des Sächsischen Forums vorgelegte Konzept als Alternative zum Regierungsentwurf in die Debatte des Landtages einbringen wird. Darin wurde die Fraktion auch auf der öffentlichen Anhörung zum Abfallgesetz bestärkt.
Mit einem „Sofortprogramm gegen die Müllflut“ will das Dresdener Regierungspräsidium „Wege finden, den angefallenen Müll wirtschaftlich zu verwerten“. Dazu zählen Autowracks, Hausmüll, Sperrmüll, Gewerbeabfälle, Fäkalien, Bauschutt. Die Dresdener Müllbilanz weise „erhebliche Unterschiede“ zwischen „gemeldeten und dem tatsächlichen Abfallaufkommen“ aus. Zwischen der Abwehr akuter Gefahren für die Gesundheit und einer „Optimierung der Abfallwirtschaft“ müsse gründlich abgewogen werden, so Regierungspräsident Weidelener.
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