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Maxls Taschengeld

■ Ob ein paar Mark oder ein paar Groschen: Das Taschengeld ist nicht nur eine Frage elterlicher Großzügigkeit, sondern auch und vor allem ein Erziehungsmittel

Ob ein paar Mark oder ein paar Groschen: Das Taschengeld ist nicht nur eine Frage elterlicher Großzügigkeit, sondern auch und vor allem ein Erziehungsmittel. Von BÄRBEL PETERSEN

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eden Monat wiederholt sich die gleiche Szene: Am Ersten soll es Taschengeld geben. Bereits Tage vorher erinnert uns Max daran, aber wenn es dann soweit ist, vergessen wir es doch. Und so wird meist erst am Zweiten gezahlt.

Angefangen hat alles mit der Einschulung. Neben Schultüte und Schultasche erhielt Max ab diesem Zeitpunkt monatlich vier Mark Taschengeld, also pro Woche eine Mark. Er hatte keine große Mühe, dieses Geld schon am ersten Tag auszugeben, zumeist für Süßigkeiten, die er mit Freunden teilte.

Heute, sechs Jahre später, wird das Taschengeld fast nur in Comics, Lego-Teile und hin und wieder in Naschereien angelegt. Während Max uns früher nie gefragt hat, was er sich davon kaufen könne, ist das jetzt anders. Wenn wir durch die Geschäfte schlendern, begeistert er sich immer sehr schnell für irgend etwas, was er in Worte wie „geil“, „super“, „ist ja irre“ und „geht ab“ kleidet. Wir teilen diese Begeisterung meist nicht und versuchen natürlich dagegenzuhalten. Immerhin führt das zumindest dazu, daß er den begehrten Gegenstand wieder weglegt und erklärt, wir hätten ihm den Kauf vermiest. Aber genau das sollen wir eigentlich nicht.

Brigitte Krömer von der Bonner Zentralstelle für rationelles Haushalten, Beratungsdienst der Sparkassen, rät, unbedingt mit den Kindern über das Geld zu reden und nicht einfach nur am Monatsersten kommentarlos die Börse zu zücken. Feste Regeln über die Höhe des Geldes für Kinder sind nirgendwo festgeschrieben. Aber ein Kind sollte möglichst früh Wert und Funktion des Geldes begreifen, das heißt, sobald sie die ersten Zahlen lesen können — meistens ab dem fünften oder sechsten Lebensjahr. Den Umgang mit Geld können sie dann durch das Taschengeld lernen. Krömer empfiehlt sogar, schon im Kindergartenalter „mit ein paar Groschen“ in der Woche anzufangen. So können die Kinder sehr früh erkennen, daß es für diese Münzen einen Gegenwert gibt.

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ie der Begriff schon sagt, ist es Geld für die Tasche, also zum Ausgeben gedacht. Das haben wir damals nicht so gesehen und Max hin und wieder aufgefordert, das Geld zu sparen, um eine größere Summe für teurere Anschaffungen zu erhalten. Dazu Krömer: „Wir empfehlen nicht, daß die Kinder das ganze Geld sparen, also von vornherein die Sparbüchse anpeilen. Sie sollen Spaß am Geldausgeben haben, aber auch lernen, einen kleinen Betrag beiseite zu legen, um langfristige Ziele anzugehen.“ Das Taschengeld sollte aber auch in diesem Fall in einem Portemonnaie aufbewahrt werden.

Maxl hat etliche Geldbörsen, aber immer wieder landet das Taschengeld lose in der Hosen- oder Jackentasche. Manchmal liegen auch einige Münzen auf dem Schreibtisch oder auf dem Fußboden herum. Dort werden sie zwar von Max registriert, aber erst, wenn ein Kauf ansteht, wird fieberhaft gesucht. Deshalb hat er uns geraten, nicht gleich alles am Monatsanfang zu zahlen, sondern lieber wochenweise. Das Taschengeld sollte tatsächlich zunächst wöchentlich, bei älteren Kindern ab etwa zehn Jahren auch alle zwei Wochen gezahlt werden, bevor dann zum monatlichen Auszahlen übergegangen werden kann. Dazu Krömer: „So lernt ein Kind nach und nach, damit umzugehen und Bares vernünftig einzuteilen.“

Max ist jetzt in der sechsten Klasse und hat zu Beginn des Schuljahres zwölf Mark Taschengeld bekommen. Inzwischen ist der Betrag auf zwanzig Mark aufgestockt, nicht zuletzt mit der dringenden Bitte, endlich den vollen Mülleimer ohne Aufforderung herunterzutragen. Ein paar Wochen klappte das, doch mittlerweile braucht er wieder die gewohnte Ermahnung. Er hielt das sowieso von Anfang an für Erpressung und meinte, das Taschengeld hätte nichts damit zu tun.

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o sieht das auch Krömer: „Die Kombination von regelmäßiger Dienstleistung und Taschengeld ist nicht sinnvoll. Das Taschengeld darf tatsächlich nicht als Lohn verstanden werden.“ Regelmäßig anfallende Arbeiten im Haushalt, wie den Mülleimer runtertragen, Abwaschen und Abtrocken sowie das Einkaufen sollten keinen Einfluß auf die Höhe des Taschengeldes haben. Es sollte auch nicht als Strafe, beispielsweise für schlechte Noten, gekürzt oder als Prämie für gute Zensuren erhöht werden. Eine derartige Handhabe des Taschengeldes führt gerade in Maxls Klasse dazu, daß die Höhe des Taschengeldes sehr stark differiert. Der eine kriegt fast achtzig Mark und die anderen zwischen zwanzig und vierzig.

Auf keinen Fall sollten die Summen zufällig oder spontan festgelegt werden. Krömer rät, mit den Kindern zu sprechen und die Höhe zu begründen. Dabei könne man sich bei anderen Eltern durchaus umhören, was deren Kinder in dem Alter bekommen. Die Höhe des Taschengeldes ist nicht zuletzt vom Alter des Kindes, der Anzahl der Geschwister und dem Einkommen der Eltern abhängig.

Erwachsene sollten ohnehin Vorbilder für den Umgang mit Geld sein. Max erklärt mir sofort, daß ich in dieser Beziehung völlig daneben liege.

Daß ich mal ohne Einkauf nach Hause käme, wenn ich schon losziehe, habe er noch nicht erlebt. Somit habe er den Eindruck, daß immer genügend Geld da sei. „Solch ein Schluß liegt nahe“, meint auch Krömer, „deshalb ist es wichtig, den Kindern klarzumachen, daß auch Erwachsene Preise vergleichen und abwägen, bevor sie sich zu einem Kauf entschließen.“ Oft erhalte man auch für weniger Geld ein gutes Stück. „Kinder leben nun einmal in einer Welt, in der Geld eine bedeutende Rolle spielt — aber sie können lernen, wie sie sich als Erwachsene in Geldangelegenheiten vernünftig verhalten.“

Die Zentralstelle für rationelles Haushalten, Beratungsdienst der Sparkassen, verschickt kostenlos die Broschüre: „Die Taschengeldfrage — Eine Schrift für Eltern und Pädagogen von Kindern von 6 bis 17 Jahren“, Postfach 2580, 5300 Bonn 1.

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