piwik no script img

Abschiebung eines türkischen Kurden verhindert

■ Über 100 Personen protestierten am Flughafen/ Pilot weigerte sich, einen »Nicht-Ausreisewilligen« an Bord zu nehmen/ Der Mann sitzt wieder in der Abschiebehaft in Tiergarten/ Sein weiteres Schicksal bleibt ungewiß/ Morgen tagt Ausländerausschuß

Tegel. Die für Samstag geplante Abschiebung eines Kurden durch die Berliner Ausländerbehörde wurde durch Bürgerproteste verhindert: Mehr als hundert Menschen machten auf dem Flughafen Tegel Mitreisende auf das Schicksal aufmerksam, das den Kurden in der Türkei erwarten werde. Mit Sprechchören protestierten sie vor dem Schalter der türkischen Fluggesellschaft »Istanbul Airlines«. Die Polizei setzte Schlagstöcke ein, um den Abfertigungsschalter zu räumen. Eine Person wurde dabei festgenommen. Der Pilot der Maschine lehnte es ab, den Kurden gegen seinen Willen auszufliegen, zumal dieser angekündigt hatte, während des Fluges gegen seine Abschiebung Widerstand zu leisten. Der Kurde wurde daraufhin in die Abschiebehaftanstalt in Tiergarten zurückgebracht. Sein weiteres Schicksal ist ungewiß.

Rechtsanwalt Dirk Siegfried und ein Sprecher von amnesty international bestätigten, daß dem Mann bei einer Rückkehr in die Türkei aufgrund seiner politischen Überzeugung Verfolgung drohe — vom Staat wie auch vom militanten Teil der kurdischen Arbeiterpartei PKK. In den 70er Jahren war er Mitglied der PKK gewesen, hatte sich aber nach Auseinandersetzungen über die Gewaltfrage von ihr abgesetzt.

Das Berliner Abgeordnetenhaus hatte am 11.4.91 entschieden, in Deutschland lebende Kurden nicht in Krisengebiete abzuschieben. Am 3.5.91 hatten die Innenminister und -senatoren der Länder einstimmig einen Abschiebestopp in die Türkei bis zum 1. Oktober 1991 beschlossen. Dessenungeachtet schob Berlin bereits einen Tag später den ersten Kurden in die Türkei ab, am 11.Mai folgte ein zweiter.

Nach der Auskunft von verschiedenen Menschenrechtsorganisationen drohen politisch aktiven Kurden nach wie vor bei ihrer Rückkehr in die Türkei Inhaftierung und Folter. Zwar wurden verschiedene Artikel des türkischen Strafgesetzbuches am 12. April dieses Jahres aufgehoben, doch trat gleichzeitig ein Gesetz zur »Bekämpfung des Terrors« in Kraft. Darin werden nicht nur die alten Strafbestände teilweise wieder aufgenommen, sondern auch Folter und Isolationshaft weiterhin begünstigt. In seiner morgigen Sitzung wird sich der Ausländerausschuß des Abgeordnetenhauses mit der Abschiebung von Kurden in die Türkei befassen. ne

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen