piwik no script img

Gnadenfrist für Kampfhunde

■ Harmlosigkeitsnachweise können Einschläferung britischer Kampfhunde verhindern

Dublin(taz) — Der britische Innenminister Kenneth Baker ist auf dem Rückzug: Nachdem er noch in der vergangenen Woche die Tötung sämtlicher Kampfhunde in Großbritannien gefordert hatte, beugte er sich am Wochenende dem Druck des Tierschutzbundes, der Tierärzte und Hundefreunde, die bereits angekündigt haben, die massenhafte Einschläferung der Killerköter zu boykottieren. Baker sagte, daß Kampfhunde ihrem Schicksal entrinnen könnten, wenn die Besitzer nachwiesen, daß sie harmlos seien — etwa durch zwei tierärztliche Atteste. Inwieweit die Tierärzte zur Verantwortung gezogen werden können, falls sich ein Vierbeiner mit Unbedenklichkeitsbescheinigung dann doch als Killer entpuppen sollte, ließ Baker offen. Außerdem will der Innenminister die bestehenden Gesetze zur Kontrolle gefährlicher Hunde auf Privatgrundstücken erweitern, was vor allem den oft angefallenen Briefträgern zugute käme. Im vergangenen Jahr sind 7.000 Postbeamte von Hunden gebissen worden. „Sie sind schlechter dran als Schafe“, sagte der Labour-Abgeordnete Peter Hain. „Farmer haben wenigstens ein Recht auf Schadensersatz. Briefträger haben das nicht.“

Die Tierärzte schlugen vor, durch Zwangssterilisation ein natürliches Aussterben der Kampfhunde herbeizuführen. Darüberhinaus fordern sie die Einführung einer Lizenz für Hunde generell. Dagegen wehrt sich die Regierung jedoch mit Händen und Füßen. Die Verwaltungsgebühr käme einer „Kopfsteuer für Hunde“ gleich und würde die Torys bei den nächsten Wahlen Stimmen kosten, fürchtet der konservative Abgeordnete Tony Beaumont-Dark.

Die irische Regierung bereitet unterdessen fieberhaft ein Gesetz zur Einschläferung aller Pit Bull Terrier vor. Außerdem will Umweltminister Padraig Flynn Leinenzwang und Maulkorbpflicht für zwölf weitere Hunderassen einführen. Flynn befürchtet, daß andernfalls Tausende britischer Kampfhundbesitzer ihre mordlüsternen Lieblinge nach Irland exportieren, um sie vor dem Tod zu retten.

Einigen Hundezüchtern erscheinen ihre bisherigen „Zuchterfolge“ jedoch übrigens noch zu harmlos: In den Vereinigten Staaten versuchen Züchter jetzt, Pit Bull Terrier mit Schäferhunden zu kreuzen. Das neue Hundemonster hätte dann nicht nur den Killerinstinkt der bulligen Pit Bull Terrier, sondern obendrein die Kraft, Größe und Wendigkeit eines Schäferhundes. Ralf Sotscheck

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen