WIR LASSEN RECHNEN
: Fußballspielen im Biotop

■ Die Bunte Liga Aachen startet in ihr neuntes Jahr

Nach nunmehr acht Jahren Bunte Liga Aachen heißt es rechtzeitig vor dem Start in die neunte Saison: zurückschauen. Zahlen sprechen lassen und sich noch einmal die Namen genüßlich auf der Zunge zergehen lassen, die da Jahr für Jahr dem braunen Schweinsleder hinterherkeuchen.

Insgesamt haben 93 Mannschaften mit 107 verschiedenen Namen aus einer Stadt, teils in Sportbiotopen, wo Brennesseln die Außenlinien markierten, 13.258 Tore unter oft erschwerten Bedingungen erzielt. Unter dieser Torlast soll sogar einmal ein Tor zusammengebrochen sein. Es mußte, so die Legende, weiter auf ein Diagonaltor, bestehend aus einem Pfosten und einer Querlatte, gespielt werden.

Aber auch so mancher Anpfiff bedurfte hochprozentiger Vorleistungen an diverse Platzwarte, damit diese neben den Eckfahnen ihre eigene sorgfältig pflegen konnten. Gleichwohl müssen die Platzwarte heute zur Elite der Chronisten gezählt werden. Nur sie erinnern sich noch an den unermeßlichen Reichtum der wenigen genialen Spielzüge, die schön erdacht, aber leider nie ausgeführt wurden.

Für erschütternde Schlagzeilen war die Bunte Liga immer gut. Erst kürzlich vermeldete der „ewige Tabellenführer“ Partisan Eifelstraße die spektakuläre Verpflichtung des Ex-Profis Günter Delzepich. Nach dessem ersten Einsatz folgte die prompte Trennung. Delzepich erschütterte die „Partisanen“ mit unerhörten Honorarforderungen, darunter:

—Betreten des Platzes: 12,00 DM

—2 Fouls (Tarif 482 b): 40,00 DM

—1 Fallrückzieher: 36,00 DM

—2 Einwürfe (je 2,40): 4,80 DM

—6 m Hinken (je m 1,48): 8,88 DM

—Schmerzszene: 42,00 DM

—Schmutzzulage: 24,00 DM

Der Partisan-Teamchef löste sofort den Vertrag mit Delzepich, „da ihm die Bunte-Liga-Einstellung fehlt“. Auch Schatzmeister Zimbo Zimmermann (zur Zeit mit der Mannschaftskasse flüchtig) schloß sich der Kritik an.

An einen unmoralischen Reichtum hingegen denken wohl auch Aachens ehemalige Ratseminenzen, die jährlich 8.000 Mark für die wenigen offiziellen Spieltermine kassierten. Außerdem mußten sie um das frühe Ableben des Ratsherrn Engels fürchten. „Plätze für die Bunte Liga — nur über meine Leiche“, kündigte Engels 1985 in einer Sportausschußsitzung im Rathaus an, brach aber bislang sein Wort.

Dieses Zitat wird Titel eines Buches werden, das erscheint, wenn es heißt: 10 Jahre Bunte Liga — haarscharf am DFB vorbei. Wer jedoch keine zwei Jahre harren mag und außer Punkten, Toren, Meisterschaft die heutige Generation des traditionellen Straßenjungen- Fußballs verfolgen möchte, der möge dies mittels des Zentralorgans der autonomen und undogmatischen Leibesübungsbewegung Aachens tun, dem „Bunte Liga Echo“. Achim Blickhäuser

Bunte Liga Echo, zu abonnieren bei: Bunte Liga Aachen, Zollernstraße 50, 5100 Aachen.