: 100 Linden für die KSZE-Konferenz
■ Vorbereitungen für das Treffen der 34 Außenminister im Reichstag laufen auf Hochtouren/ Ehemaliger Königsplatz und jetziger Platz der Republik wird wieder aufpoliert und zugepflanzt
Tiergarten. Die Vorbereitungen zur KSZE-Konferenz Mitte Juni in Berlin laufen auf vollen Touren. Über 100 Gärtner arbeiten derzeit fast rund um die Uhr daran, das Areal um den Reichstag neu aufzupolieren. In fieberhafter Eile werden 100 Kaiserlinden und über zwei Kilometer Heckenstauden gepflanzt. Der lange brachliegende Platz der Republik soll pünktlich zum Treffen der 34 Außenminister — der ersten großen politischen Konferenz nach der deutschen Einheit in Berlin — in neuem Glanz erstrahlen.
»Der Wunsch, den ehemaligen Königsplatz wiederherzurichten, bestand zwar schon lange, aber erst nach der Einheit sind wir durch die bevorstehende KSZE-Konferenz in Termindruck geraten«, sagt Klaus von Korsigk von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Die seit vier Wochen laufenden Arbeiten am Platz der Republik geschehen nicht nur im Hinblick auf die KSZE-Tagung. »Schließlich will hier vielleicht der Bundestag einziehen und nicht nur Gastspiele geben«, so von Korsigk. Die vom Bundestag angeregten Planungen fließen in ein vom Berliner Senat finanziertes Drei- Millionen-Projekt für das gesamte Areal.
Schlichtheit und preußische Strenge haben die jetzigen Planungen bestimmt. Augenfällig wird dies durch eine rahmende Baumwand aus Kaiserlinden und eine geometrisch angelegte, immergrüne Heckenlandschaft, ausgefüllt mit gelbem Kies. Besonderer Wunsch von Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth: Um den Platz »bunter und freundlicher zu gestalten«, soll im Herbst die Kopfseite des Areals mit über 5.000 roten und weißen Polyantha-Rosen bepflanzt werden. Ob jedoch die störende Straße zwischen Reichstag und Platz für den Verkehr endgültig gesperrt werden soll, sei derzeit noch ungewiß. Eine Entscheidung darüber sowie über die weiteren Maßnahmen auf dem anliegenden Gebiet sei noch nicht gefallen.
Schon der berühmte Landschaftsgärtner Josef Peter Lenné hatte eine gärtnerische Gestaltung des ehemaligen Exerzierplatzes preußischer Könige vorgenommen. So bestand lange Zeit eine landschaftliche Beziehung zum Umfeld und der nahegelegenen Siegessäule. Im Dritten Reich tobte sich NS-Architekt Albert Speer auf dem Platz aus, der 1926, nach der Revolution von 1918, erstmals Platz der Republik genannt wurde und während des NS-Regimes vorübergehend wieder Königsplatz hieß. Nach 1945 verkam das Areal zur Wüstenei.
1948 hielt Ernst Reuter nach dem Beginn der Berliner Blockade auf dem Platz seine berühmte Rede mit dem Apell: »Ihr Völker der Welt ... schaut auf diese Stadt.« Viele Jahre diente der geschichtsträchtige Ort dann Gewerkschaften als Kundgebungsstätte für die traditionellen Maifeiern, den Berlinern ist er zum beliebten Bolz- und Grillplatz an Sonn- und Feiertagen geworden. 1985 schrieb der Berliner Senat einen Wettbewerb aus, der auch eine Umgestaltung des Platz der Republik vorsah. Erst die Einheit sorgte für nötigen Entscheidungsdruck. Maren Martell/dpa
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