: Große Koalition vertagt Polizeikrise
■ Im Innenausschuß gab es keine Lösung für die Krise in der Polizeiführung um Kittlaus/ Innensenator schiebt Polizeipräsident die Verantwortung zu
Berlin. Das Verhältnis zwischen Innensenator Dieter Heckelmann und Polizeipräsident Georg Schertz ist offensichtlich total zerrüttet. Das wurde gestern in einer Sitzung des Innenausschusses deutlich, in dem der Konflikt zwischen Polizeiführung und dem Landespolizeidirektor Manfred Kittlaus auf der Tagesordnung stand. Für die anhaltende Führungskrise bei der Berliner Polizei zeichnete sich auch nach mehrstündiger Sitzung keine Lösung ab. Der Grund: Innensenator Heckelmann schob dem Polizeipräsidenten Schertz die Verantwortung für die Lösung des Problemfalls Kittlaus zu. Der Polizeipräsident verwies demgegenüber darauf, daß er zu einer Lösung nicht in der Lage sei, weil dies seine Möglichkeiten übersteige.
Im Mittelpunkt der gestrigen Debatte um die Führungskrise in der Polizei stand der Brief des Polizeipräsidenten an den Innensenator vom 16. Mai (die taz berichtete). Schertz hatte in diesem Brief noch einmal die von der Polizeiführung und 13 nachgeordneten Polizeiführern gegen Kittlaus vorgebrachten Beschwerden zusammengefaßt. Außerdem hatte Schertz den Innensenator daran erinnert, daß er diesen bereits am 17. April über die Probleme mit Kittlaus unterrichtet habe. Daß dieser vertrauliche Brief, von dem nur Schertz sowie der Polizeivizepräsident und der Innensenator Kenntnis hatten, an die Öffentlichkeit gelangt ist, wertete Heckelmann gestern als eine Indiskretion: Sie richte sich »gegen eine bestimmte Person, um ein Stück weit Kampage zu fahren«. Dem Antrag von Bündnis 90/Grüne und FDP, den Brief im Innenausschuß zu veröffentlichen, wurde nicht stattgegeben. In seiner Rekonstruktion der Ereignisse erklärte der Innensenator, daß er nach dem Eintreffen des Briefes ein Gespräch mit der gesamten Polizeiführung geführt habe. Das Resulat war laut Heckelmann, daß Schertz die Probleme in eigener Verantwortung löse und hierin vom Senator unterstützt werde. Der Polizeipräsident widersprach dieser Darstellung gestern vehement. Er habe in dem Gespräch deutlich gemacht, daß das Problem Kittlaus wegen des eingetretenen Vertrauensverlustes auf Polizeiebene nicht mehr lösbar sei.
Der innenpolitische Sprecher der SPD, Hans-Georg Lorenz, wollte nicht glauben, daß das Verhältnis zwischen Heckelmann und Schertz nach so kurzer Zeit zerstört sei. Die Sache »muß kittbar sein«, erklärte er. Der CDU-Abgeordnete Wienhold gab Schertz die Schuld für den Konflikt und sprach vollmundig von einer »Jagdszene im grünen Rock mit anschließendem Schlachtefest« im Polizeipräsidium. Für das Bündnis 90/ Grüne befand der Abgeordnete Wieland, daß das Verhältnis zwischen dem vom Parlament gewählten Innensenator und dem Polizeipräsidenten unheilbar zerstört sei. Heckelmann sei zu einer Lösung offensichtlich nicht in der Lage; das Problem müsse auf Senatsebene gelöst werden. plu
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen