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Die Besorgnis wandelt sich in Angst

In Addis Abeba besteht die Gefahr weiterer Sabotageanschläge auf Munitionsdepots/ Internationale Fernsehteams wollen die Stadt verlassen, sobald die Übergangsregierung die Genehmigung erteilt  ■ Aus Addis Abeba Bettina Gaus

„I am ready for challenge — Ich bin bereit für die Herausforderung,“ steht auf dem T-Shirt eines Kämpfers der EPRDF zu lesen, der eine Kommandozentrale seiner Organisation in Addis Abeba bewacht. Der Mann wird seinen trotzigen Mut noch gut brauchen können. Es sieht gegenwärtig danach aus, als ob es zu weiterem Blutvergießen in der äthiopischen Hauptstadt kommen könnte. Immer deutlicher werden die Hinweise darauf, daß die Explosion eines Munitionsdepots inmitten eines dichtbevölkerten Stadtviertels am Dienstag tatsächlich auf einen Sabotageakt zurückzuführen ist. „Das Ding muß gezielt in die Luft gejagt worden sein. Ein Unglück hätte diese Katastrophe nicht auslösen können,“ sagt ein Diplomat.

Was genau geschehen ist, läßt sich noch immer nicht mit letzter Sicherheit sagen — jetzt brodelt die Gerüchteküche. Bei vielen Beobachtern hat sich Besorgnis inzwischen in blanke Angst verwandelt: Noch immer stehen Munitionsdepots mitten in der Stadt, die ein lohnendes Ziel für Saboteure bieten könnten. Unter dem Eindruck des jüngsten Infernos, bei dem ein Tonmann getötet und der berühmte TV-Korrespondent Muhammed Amin schwer verletzt wurde, haben alle internationalen Fernsehteams in Addis Abeba, darunter auch das ZDF, beschlossen, das Land per Chartermaschine zu verlassen, sobald die Übergangsregierung dazu die Genehmigung erteilt.

Dabei tut die neue Übergangsregierung zumindest im Augenblick noch alles, um die Bevölkerung durch Freundlichkeit und nicht durch Gewalt auf ihre Seite zu bringen. Bis in höchste Positionen hinein behalten Angestellte ihre Posten. Selbst der Sprecher der offiziellen Fernsehnachrichten ist derselbe geblieben. Hinter dieser Politik stecken wohl vor allem zwei Überlegungen: EPRDF will die ohnehin gereizte Stimmung nicht noch zusätzlich verschlechtern, indem sie das Heer der Arbeitslosen vergrößert. Und sie wäre gegenwärtig weder von ihrer zahlenmäßigen Stärke noch von der Ausbildung ihrer Kämpfer her imstande, eine Dreimillionen-Metropole zu verwalten.

Die meisten Guerillakämpfer, die jetzt strategisch wichtige Plätze in der Stadt bewachen, unterscheiden sich schon äußerlich von der Stadtbevölkerung: ihre Kleider sind abgetragen und zerrissen, ihre Schuhe schlichte Plastiksandalen, viele laufen barfuß. Kaum ein EPRDF-Mann spricht Englisch. Manche der überwiegend tigreischen Rebellen haben auch Schwierigkeiten mit Amharisch, der Sprache des bisherigen Herrschervolkes. So fällt es schwer, eine Brücke zu schlagen zur Bevölkerung von Addis Abeba.

Die Übergangsregierung hat mittlerweile bekanntgegeben, Kontrolle über den Ort Jijiga gewonnen zu haben, von dem aus die große Mehrheit der somalischen Flüchtlinge versorgt wird. Bislang sind mehr als 100 Leichen geborgen worden. Gestern suchten Rettungsarbeiter unter den Trümmern nach weiteren Verschütteten. Hunderte von Häusern sind verbrannt oder in sich zusammengestürzt. Das Gelände des Munitionsdepots kann nur mit großer Vorsicht betreten werden: scharfe Granaten liegen noch immer verstreut.

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