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Pinatubo wickelt US-Basen ab

■ Einer der größten US-Luftwaffenstützpunkte in Übersee, Clark Airbase auf den Philippinen, wurde am Montag wegen der Gefahr einer Vulkanexplosion nahezu völlig geräumt: Rund 15.000 GIs flohen mit Familie...

Pinatubo wickelt US-Basen ab Einer der größten US-Luftwaffenstützpunkte in Übersee, Clark Airbase auf den Philippinen, wurde am Montag wegen der Gefahr einer Vulkanexplosion nahezu völlig geräumt: Rund 15.000 GIs flohen mit Familie nach dem ersten Rumoren des Mount Pinatubo.

Sechshundertelf Jahre hatte er in sanftem Schlummer gelegen, im April hatte er sich zum ersten Mal gemeldet, und am Sonntag brach es dann nach zweimonatigem Rumoren endlich aus ihm heraus: Der Vulkan Mount Pinatubo, etwa 100 Kilometer nordwestlich der philippinischen Hauptstadt Manila gelegen, dampfte und spuckte; ein Strom aus heißem Gas, Asche und glühenden Steinmassen floß in zwei Flußbetten ins Tal. Noch in 25 Kilometer Entfernung fiel die Asche zu Boden. Ein etwa 20 Kilometer breiter Umkreis wurde sofort zur Gefahrenzone erklärt. Ferdinand Magellan, der portugiesische Entdeckungsreisende, der 141 Jahre nach dem letzten Ausbruch des Pinatubo im Jahre 1380 die Inseln für Spaniens Könige besetzte, wußte nicht um die schlafende Naturgewalt. Die US-amerikanischen Militärbehörden aber, die auf den Philippinen mehrere Stützpunkte unterhalten, sie kannten die Gefahr — was sie offenbar nicht daran hinderte, nur etwa 16Kilometer vom feuerspeienden Riesen entfernt ihre Zelte aufzuschlagen. Am Sonntag schlug der aufgewachte Vulkan die nahezu 15.000 Soldaten nebst Angehörigen in die Flucht.

Im Gegensatz zu den Ausbrüchen des Vulkans Unzen am Montag vergangener Woche nahe der südjapanischen Hafenstadt Shimabara, deren erster etwa 40 Menschenleben gefordert hatte, gab es nach Angaben der philippinischen Behörden weder Tote noch Verletzte zu beklagen. Bereits vor dem ersten Ausbruch am Sonntag nachmittag hatte der philippinische Zivilschutz nach eigenen Angaben etwa 19.000 Dorfbewohner aus der unmittelbaren Umgebung des 1.462 Meter hohen Vulkans evakuiert. Es handelte sich dabei überwiegend um Angehörige des Volkes der Aeta. Obwohl das philippinische Institut für Vulkanologie und Seismologie gestern warnte, daß die Gefahr wiederholter Eruptionen nicht vorbei, die Region folglich äußerst gefährdet sei, weigerten sich einige Aetas allerdings, ihre Dörfer, Felder und Tiere zu verlassen. Der Direktor des Instituts, Raymundo Punongbayan, erklärte, die Eruptionen vom Sonntag seien nur Vorboten gewesen. „Das war erst der Anfang, nur ein Signal. Wir erwarten noch viele, viel wuchtigere.“ Voraussagen könne er den genauen Zeitpunkt allerdings auch nicht, sagte der Wissenschaftler, „wir können nur von Tag zu Tag, von Stunde zu Stunde beobachten. Wir müssen horchen, hören auf das, was uns der Berg sagt.“

Sofort nach dem ersten Donnern hatte die Kommandantur des Luftwaffenstützpunkts Clark die Evakuierung angekündigt. In einer Blitzaktion räumten die Militärs am Montag ab 6 Uhr Ortszeit ihre Basis. Auch die Kampfflugzeuge wurden in Sicherheit gebracht. In gut vier Stunden verließen die GIs und ihre Familien bis auf eine Notbesatzung von einigen hundert Mann, die das Gelände bewachen sollen, Clark Airbase und zogen in einem kilometerlangen Konvoi mit 30 Militärbussen und über 6.000 PKWs in den 80 Kilometer entfernten Stützpunkt Subic um, wo die Soldaten und Zivilisten zusammenrücken mußten. Marineinfanteristen sicherten die Straße, in deren Umgebung gelegentlich kommunistische Guerilleros operieren. Die Männer, Frauen und Kinder aus Clark wurden über den eigenen US- Fernsehsender aufgefordert, alle wichtigen Dokumente, Decken sowie Nahrung und Getränke für drei Tage mitzunehmen.

Clark Air Base ist einer der größten Stützpunkte der amerikanischen Streitkräfte im Ausland. Er liegt bei der 300.000 Einwohner zählenden Stadt Angeles, rund 80 Kilometer nördlich von Manila. Beide Stützpunkte, Clark und Subic, sind schon seit Jahren Gegenstand von Auseinandersetzungen zwischen der philippinischen Regierung und dem Pentagon. Trotz zäher Verhandlungen konnte über eine Verlängerung der Verträge über die Präsenz der US- Militärs auf den Philippinen bisher keine Entscheidung herbeigeführt werden. Nun kommt Bewegung in die Stützpunkte — wenn auch unter ganz anderen Vorzeichen, als es sich die Gegner und Befürworter der US- Basen vorgestellt hatten.

Erneute Eruptionen auch in Japan

Erneut ausgebrochen ist in der Nacht zu Sonntag der japanische Vulkan Unzen. Wie schon in der vergangenen Woche spuckte Unzen Lava, Steine und Asche über das Gebiet um die Hafenstadt Shimbara bei Nagasaki. Über Tote und Verletzte wurden keine Angaben gemacht. Mindestens 50 Häuser am Fuße des 1.359 Meter hohen Unzen gingen in Flammen auf. Nach Angaben der Behörden wurden bis jetzt 5.400 Anwohner evakuiert. 17 Städte und Ortschaften in der Nähe des Vulkans wurden bereits vor einigen Tagen zum Sperrgebiet erklärt. Nach anhaltenden Regenfällen bestand akute Gefahr von Erdrutschen: Der mit Tonnen von Gestein und Lava belastete Boden könne leicht ins Rutschen geraten, hieß es. In Teilen der 45.000-Einwohner-Stadt Shimbara fiel die Strom- und Telefonversorgung aus. Nach Angaben des Direktors des Vulkanbeobachtungszentrums der Universität Kyushu, Kazuya Ota, wird die vulkanische Aktivität noch zunehmen. Beim letzten größeren Ausbruch des Vulkans vor fast 200 Jahren waren 15.000 Menschen ums Leben gekommen.

Und noch eine Naturgewalt: Rund 6.000 Kilometer südöstlich der Philippinen wurde am Sonntag Seine Königliche Hoheit Taufa'ahau Tupou IV., der Herrscher von Tonga, unsanft aus seinem Schlummer geweckt. Ein gewaltiges Seebeben war's, das den Meeresboden zwischen den Fidschiinseln und Tonga im Pazifischen Ozean erschütterte. Die US-amerikanische Erdbebenwarte in Honolulu teilte mit, die Stärke der Erdstöße sei mit 6,3 auf der Richterskala gemessen worden. Glück im Unglück: Das Zentrum des Bebens lag so tief unter dem Meeresboden, daß eine gefährliche Flutwelle ausblieb. Hera

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