piwik no script img

„Versuch, in der Wahrheit zu leben“

■ Der „kritische Polizist“ Manfred Such mag nicht mehr in der NRW-Polizei Dienst tun

Düsseldorf (taz) — „Mein Einsatz für eine demokratische, bürgernahe Polizei endete damit, daß offenbar keine Behörde in NRW mehr zu einer vorbehaltlosen Arbeit mit mir bereit war. Dies stellt für mich eine so starke Belastung dar, daß ich nicht mehr in der Lage bin, unter diesen Bedingungen in NRW zu arbeiten.“ Mit diesen Worten hat sich Manfred Such, ehemals Leiter der Kripo im westfälischen Werl und während der zweiten Hälfte der letzten Legislaturperiode für die Grünen im Bundestag, vorerst von der NRW-Polizei verabschiedet. Endgültig ist die Trennung indes nicht, denn Such hat seinen Dienst nicht einfach quittiert, sondern er hofft, daß seine Argumentation als beamtenrechtlich zulässiger Widerspruch, als sogenannte Remonstration, anerkannt wird. Hätte er Erfolg, bliebe ihm nach 29jähriger Polizeiarbeit statt Arbeitslosenhilfe ein Ruhegehalt von etwa 60 bis70 Prozent der letzten Bezüge. Der „kritische und grüne Bulle“ war 1988 wegen polizeikritischer Äußerungen von seinem Kripo-Job in Werl entfernt worden. Zuletzt hatte ihn das Bündnis 90 in Brandenburg als einen von sechs Polizeipräsidenten vorgeschlagen. Eine Aufgabe, die Such gerne übernommen hätte. Diese Perspektive ist inzwischen dahin. Die Seilschaften aus Düsseldorf im Potsdamer Innenministerium um Staatssekretär Ruckriegel — früher im NRW-Innenministerium Leiter der Polizeiabteilung — waren stärker. Für den Fall einer Berufung von Such soll Ruckriegel, nach taz-Informationen, intern sogar mit Rücktritt gedroht haben. Diesem Druck wußte das Bündnis90 nichts entgegenzusetzen. In NRW will Such auch deshalb keinen Dienst mehr antreten, weil er den im neuen Polizeirecht zugelassenen Einsatz von „Informellen Mitarbeitern“ und „Verdeckten Ermittlern“ als einen Schritt in Richtung „geheime Staatspolizei“ betrachtet. Er sei deshalb „unfähig“, sich einem Dienst zur Verfügung zu stellen, „der nicht mehr der Wahrheit entspricht“, denn zwischen dem Anspruch der Polizei, das Recht des einzelnen zu sichern, und der Realität liege „ein tiefer Graben“. Seine „Remonstration“ sei der „Versuch, in der Wahrheit zu leben“. J.S.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen