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RAF/Stasi: „Reibungen an allen Ecken“

■ Führendes, inhaftiertes RAF-Mitglied bestätigt erstmals die langjährige DDR-Connection und Schießübungen bei der NVA/ Angeblicher RAF-Aussteiger warnt vor neuen Anschlägen

Berlin (taz) — Zum ersten Mal hat sich ein führendes inhaftiertes RAF- Mitglied zu den Kontakten der Roten-Armee-Fraktion mit dem Staatssicherheitsdienst der DDR geäußert. In einem Interview in der gestrigen Ausgabe der 'Frankfurter Rundschau‘ bestätigt der Wortführer der RAF-Gefangenen während des letzten Hungerstreiks, Helmut Pohl, daß es vom Ende der 70er Jahre bis 1984 geheime Verbindungen zur Stasi gegeben hat und daß zumindest drei führende RAF-Mitglieder bei einem DDR-Aufenthalt im Umgang mit Waffen und Sprengstoff angeleitet wurden. Anlaß der Kontaktaufnahme mit der DDR sei allein die Suche nach einem sicheren Aufenthaltsort für die damals acht aussteigewilligen RAF-Mitglieder gewesen, deren Identität dann nach der Wende in der DDR aufflog. Man habe sich rund vier Jahre lang mehrmals zu Gesprächen mit der Stasi getroffen. Dabei habe die DDR insbesondere daran Interesse gezeigt, die RAF möge ihre „Anziehungskraft“ auf die militante Linke für die Mobilisierung in der Friedensbewegung nutzen. 1982, so bestätigt Pohl frühere Aussagen von RAF-Aussteigern aus der ehemaligen DDR, hätten Inge Viett, Adelheid Schulz und er an einem militärischen Unterrichtsprogramm durch Stasi und NVA teilgenenommen, bei dem es um Schieß- und Sprengstofftechnik gegangen sei. Dieses Training, so betont Pohl jedoch, habe erst nach dem Anschlag auf den US-General Kroesen stattgefunden und nicht vorher, wie die Bundesanwaltschaft jetzt einigen inhaftierten Stasi-Mitarbeitern als Beihilfe zu einem Mordversuch zur Last legt.

Die Kontakte zur DDR seien auch innerhalb der RAF nur einem engsten Kreis bekannt gewesen, erklärt Helmut Pohl. 1984 habe man die Verbindungen dann von seiten der RAF abgebrochen worden, „weil die Gespräche immer unerfreulicher wurden“ und es „Reibungen an allen Ecken und Enden“ gab. Das „Formelhafte“ der DDR-Gesprächspartner sei den RAFlern auf den Geist gegangen und umgekehrt hätten die DDR-Partner die RAF-Linie für völlig falsch gehalten.

Über die RAF/Stasi-Connection hinaus äußert Pohl sich in dem Interview auch zur aktuellen politischen Einschätzung der RAF-Gefangenen. Schon seit 1987 seien die RAF-Gefangenen zu einer kritischen Auseinandersetzung mit ihrer Politik bereit gewesen. Das sei aber von offizieller Seite aus abgeblockt worden. Die kritische Aufarbeitung der letzten 20 Jahre, so Pohl sei jedoch „kein spezifisches Problem der RAF“, sondern „der ganzen Linken ... Die Frage Gewalt ja oder nein besteht heute gar nicht mehr so.“

Aussteiger aus der RAF?

Hamburg (ap) — Frühere Stasi- Mitarbeiter sollen Terroristen der Roten-Armee-Fraktion (RAF) für die jüngsten Anschläge mit Waffen versorgt haben. Das geht aus einem am Dienstag vom Hamburger Magazin 'Stern‘ verbreiteten Brief hervor, in dem ein angebliches RAF-Mitglied außerdem vor neuen Attentaten auf führende Politiker warnt und auch inhaftierte Terroristen als Drahtzieher nennt. In dem Schreiben, das dem 'Stern‘ zufolge bereits am Montag vergangener Woche beim Frankfurter Polizeipräsidium eingegangen ist, hieß es: „Um den nötigen qualitativen Sprung zu schaffen und die harte Linie im Sommer voll durchzuziehen, laufen seit mehr als einem halben Jahr Kontakte mit ehemaligen Stasileuten.“ Der 'Stern‘ schrieb, der angebliche RAF- Aussteiger, der die Sicherheitsbehörden vor Anschlägen gegen Bundesfinanzminister Waigel und mehrere Bonner Staatssekretäre gewarnt habe, habe sich bereits am 8. Juni telefonisch bei einem Kölner Pfarrer gemeldet. „Ich gehöre zum engeren Kern der RAF und muß abtauchen“, soll der junge Mann gesagt haben.

Der 'Stern‘ zitiert aus einer internen Einschätzung des Bundeskriminalamtes, in der es heißen soll: „Es kann zur Zeit nicht völlig ausgeschlossen werden, daß es sich bei dem Textübersender tatsächlich um ein aussteigewilliges RAF-Mitglied handelt, wobei die Zugehörigkeit zur aktuellen Kommandoebene wohl eher fraglich sein dürfte.“ Weder die Bundesanwaltschaft noch das Bundeskriminalamt wollten sich offiziell zu dem 'Stern‘-Bericht äußern. Ein BKA-Sprecher sagte lediglich, das Wiesbadener Amt bedauere die Veröffentlichung. Laut 'Stern‘ berichtet der Briefschreiber auch über interne Differenzen innerhalb der RAF nach dem Mord an Treuhandchef Rohwedder. Dabei habe sich die„harte Linie“ durchgesetzt. Ve.

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