: Thomas Krüger / Rupert Scholz / Helge Drescher
MARIA N N E
Thomas Krüger, SPD-Jugendsenator und Schirmherr des 2. Berliner Presse Open-Air — einer Art Messe für konzernunabhängige Medien — verweilte leider nur Sekunden am Stand der tageszeitung. Leise »Ja, das ist also die taz«, murmelnd, zog er von dannen. Dabei hatten wir uns an diesem wunderschönen Sonnen-samstag schon einen wunderbaren Willkommensgruß zurechtgelegt: »Tag Herr Krüger, heute ganz ohne Bart?«
Die taz mußte sich ihren Messestand übrigens mit dem Klassenfeind, in diesem Falle den Möchtegern-Yuppie- JournalistInnen von der »Jungen Union« Teilen. 'Trend‘ heißt das reaktionäre Magazin der JU-Tempelhof, in dem neben Mac-Donald's-Anzeigen hauptsächlich Einschleim-Hymnen über den Tempelhofer CDU-Bundestagsabgeordneten, Jura-Professor und Ex-Verteidigungsminister Rupert Scholz abgedruckt sind. Ein paar Kostproben: Zum Otto Suhr-Institut für politische Wissenschaften der FU fällt einem Helge Drescher folgendes ein: »Streiks erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Die Teilnehmer muß man einfach als Gesocks bezeichnen, Kreaturen, die man sonst nur nach 23 Uhr in der U-Bahn sieht, einfach widerlich«.
Beim Thema Paragraph 218 laufen die JU'ler zu ganz großer Form auf. Sie drucken den angeblichen »Erlebnisbericht« einer Schülerin aus einer Bad Neustädter Schülerzeitung ab: »Ich bin zwar erfolgreich im Beruf, aber mein privates Leben ist zerstört. Ich hoffe nur, daß mein Baby nicht zu lange mit dem Tod kämpfen mußte. Und ich hoffe, daß mir mein Baby diese Straftat verzeiht und es versteht, warum ich es getan habe.« Und im Editorial »Germania Patria Nostra« steht zu lesen: »Unser Volk hat wieder Tritt gefaßt und wird an der Seite seiner europäischen Freunde seinen Mann stehen. Ein gesunder Nationalstolz wird uns helfen, die kommenden Probleme zu meistern, und freilich wir können ihn uns leisten. Ja, wir haben allen Grund dazu, mit Stolz Deutsche zu sein.« Aber Deutschland ist eben nicht stolz auf Euch, Jungs, meint Marianne
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