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Staatspräsidium macht Front gegen Slowenien

■ Slowenien wird Bruch des Brioni-Abkommens vorgeworfen/ Österreich stoppt Export aller Waffen nach Jugoslawien/ USA schließen sich Waffenembargo an/ Sozialdemokraten sehen Anerkennung Sloweniens und Kroatiens als Option

Belgrad/Wien/Ljubliana (ap/afp/ dpa/taz) — Der Frieden ist in Jugoslawien erneut brüchig geworden. Zwei Tage nach dem „Friedensgipfel“ von Brioni wird zwar nirgendwo im Vielvölkerstaat mehr Krig geführt, dafür aber überall vom Krieg geredet. „Der Krieg lauert, der Frieden hat keine Chance“ — so lautete eine von vielen typischen Schlagzeilen in der jugoslawischen Presse, die von Äußerungen wie der des serbischen Spitzenpolitikers Borisav Jovic untermauert wurden. „Wenn Kroatien nicht vollkommen seine Unabhängigkeitserklärung zurücknimmt, dann kommt es zum Krieg zwischen Kroaten und der serbischen Minderheit Kroatiens.“ Auch gegenüber Slowenien wurden in Belgrad gestern wieder deutlich aggressivere Töne angeschlagen. Das kollektive Staatspräsidium in Belgrad verweigerte am Morgen seine Zustimmung zu den Vereinbarungen, weil Slowenien die Bedingungen nicht eingehalten habe. Eine für den Tag angesetzte Sitzung des Präsidiums wurde allerdings auf heute verschoben. Erst müßten noch weitere Informationen aus Slowenien eingeholt werden, hieß es. Die EG bereitete sich unterdessen auf die Entsendung von bis zu 50 Beobachtern nach Jugoslawien vor, die zusammen mit Verbindungsoffizieren der Volksarmee und der slowenischen Territorialverteidigung die Einhaltung der ausgehandelten Bedingungen überwachen sollten.

Das Staatspräsidium warf Slowenien vor, die Blockaden von Volksarmeekasernen nicht beendet, Polizeioffiziere noch nicht freigelassen und seine Territorialverteidigung nicht demobilisiert zu haben. Das Abkommen von Brioni forderte die Erfüllung dieser Bedingungen bis Montag um Mitternacht. Slowenien vertrat die Auffassung, daß von dem Zeitpunkt an erst mit der Erfüllung der Bedingungen begonnen werden müsse. Slowenien ist im Gegensatz zum Staatspräsidium auch der Auffassung, daß im Abkommen seine Unabhängigkeit weitgehend anerkannt worden sei. Der slowenische Informationsminister Jelko Kacin warf gestern im Gegenzug Belgrad vor, sich nicht an die Abmachungen der vergangenen Woche zu halten. Trotz aller bisherigen Verhandlungen und Abkommen über die Waffenruhe habe sich die jugoslawische Armee in Slowenien bis Dienstag noch nicht vollständig in ihre Kasernen zurückgezogen. Nach Kacins Angaben habe die Armee in den vergangenen Tagen mit „intensiver Luftaufklärung“ begonnen. Auch sei beobachtet worden, daß Sanitätshubschrauber der jugoslawischen Armee neue Offiziere und Verstärkungen in die Kasernen gebracht hätten.

Unterdessen hat Österreich den Export von Waffen nach Jugoslawien gestoppt. Wie der österreichische Bundeskanzler Franz Vranitzky erklärte, sind von der Regelung vor allem große Mengen ziviler Waffen, besonders Jagdgewehre, betroffen. Sie waren bisher nicht dem Waffenexportgesetz unterworfen. Dem Waffenembargo der EG hatten sich bereits am Montag auch die USA angeschlossen.

Auf einem Treffen in Wien haben sich sozialdemokratische Spitzenpolitiker dafür ausgesprochen, eine Anerkennung der Republiken Slowenien und Kroatien im Falle von Gewaltanwendung als „Option“ offenzuhalten, eine unverzügliche diplomatische Anerkennung Sloweniens jedoch ausgeschlossen. Auf Einladung des österreichischen Bundeskanzlers Vranitzky waren gestern der SPD-Vorsitzende Björn Engholm, der Chef der Sozialistischen Partei Italiens, Bettino Craxi, und der frühere griechische Außenminister Karolos Papoulias zusammengetroffen, um die Situation in Jugoslawien zu erörtern.

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