: Keine Kurierdienste von Anwälten für die RAF
■ Aus Hannover Jürgen Voges
Einstweilige Verfügungen gegen die Zeitung 'Welt‘ und den 'Spiegel‘ haben zwei Rechtsanwälte und eine Anwältin aus Hannover erwirkt, die in Artikeln der Kurierdienste zwischen RAF-Häftlingen und der Kommandoebene der RAF verdächtigt worden waren. In den Verfügungen untersagt es das Langericht Hannover beiden Printmedien, in Berichten über „die Bildung eines angeblichen Informationssystems zwischen den Gefangenen der RAF und der Kommandoebene der RAF sowie einer diesbezüglichen anwaltlichen Kuriertätigkeit“ die Namen der drei AnwältInnen zu erwähnen. Der 'Spiegel‘ darf bei entsprechenden Berichten künftig auch keine Fotos der Verteidiger mehr ins Blatt setzen. Mit einer Verspätung von 14 Tagen, aber immerhin jetzt eindeutig hat inzwischen auch die Bundesanwaltschaft die Vorwürfe gegen die hannoverschen Anwälte dementiert. Es habe nie harte Hinweise auf Mittlerdienste von Verteidigern zwischen inhaftierten RAF-Mitgliedern und der RAF- Kommandoebene gegeben, sagte der Sprecher der Bundesanwaltschaft, Rolf Hannich, gestern auf Anfrage. Auf Grundlage des der Bundesanwaltschaft vorliegenden Materials, das offenbar aus Zellendurchsuchungen bei RAF-Gefangenen stammt, könnten keine Strafverfahren gegen Rechtsanwälte eingeleitet werden. Als Strafverfahren, die weder eingeleitet wurden noch eingeleitet werden sollen, gelten nach Aussage des Sprechers der Bundesanwaltschaft bereits „Ermittlungsverfahren“ oder auch nur „Vorermittlungen“ gegen die betreffenden VerteidigerInnen. Ihren RAF-Kurier- Vorwurf gegen die Anwälte, für den das Strafgesetzbuch immerhin bis zu fünf Jahre wegen Unterstützung vorsieht, hatten 'Spiegel‘ und 'Welt‘ offenbar auf einen geheimen Vermerk für den Bundesjustizminister gestützt, der auf der Auswertung von insgesamt 7.000 bei RAF-Gefangenen beschlagnahmten Blatt Papier beruhte. Aus der umfassenden Textsammlung konnte der 'Spiegel‘ dann einzelne Zitate von RAF-Gefangenen bringen. Für den entscheidenden Vorwurf, daß die Notizen und Papiere der Gefangenen mit Hilfe von Anwälten von Gefängnis zu Gefängnis oder gar zur Kommandoebene wanderten, fehlte allerdings der Beleg.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen