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Wann werden die Mitarbeiter der Parteien die Koffer packen?

■ Bonner Parteien bereiten Umzug nach Berlin vor/ SPD bereits auf Grundstückssuche, CDU läßt sich Zeit, FDP denkt ans alte LDPD-Haus

Bonn/Berlin. Kaum wird in den Bonner Hauptquartieren über einen Standortwechsel nachgedacht, kommt auch schon Widerwille unter den Mitarbeitern der Parteizentralen auf. Mit der Entscheidung des Bundestages für Berlin ist auch der eigene Umzug beschlossen. Kein Parteivorstand will schließlich am Rhein bleiben, wenn das Parlament seine Arbeit in der Hauptstadt aufnehmen wird. An der Frage des Zeitpunkts scheiden sich bekanntlich noch die Bonner Geister, und so bleibt vielen Parteiarbeitern lediglich die mehr oder minder bange Frage, wann sie selber die Koffer packen müssen.

Als erstes wird die SPD ihre Zelte am Rhein abbrechen und an der Spree wieder aufbauen. Wenige Tage nach der entscheidenden Sitzung des Bundestages fällte der Parteivorstand auf seiner konstituierenden Sitzung in Schwerin einen entsprechenden Beschluß. Schatzmeister Ulrich Klose ist seitdem auf der Suche nach einem passenden Grundstück für einen Neubau. Er soll, so war aus der Partei zu erfahren, bereits fündig geworden sein — in der Stresemannstraße in Kreuzberg, zwei Steinwürfe vom historischen Sitz der SPD in der Lindenstr entfernt. Mindestens 80 Millionen Mark wird Klose für den Neubau berappen, die Errichtung des Erich-Ollenhauer-Hauses in Bonn kostete (Anfang der 70er Jahre) noch 30 Millionen Mark. Aus dem Säckel des Schatzmeisters wird zudem ein Sozialplan finanziert werden, denn nicht alle Mitarbeiter wollen mit an die Spree. In der kommenden Legislaturperiode will die SPD bereits in Berlin residieren, der Landesverband hofft sogar, daß von der Hauptstadt aus bereits der nächste Bundestagswahlkampf geführt wird.

Noch keinerlei konkrete Umzugspläne werden bei FDP und CDU geschmiedet. Im Konrad-Adenauer- Haus verweist man lapidar auf die Festlegung des Parteistatutes, daß der Parteisitz an den ständigen Sitz des Bundestages gebunden ist. Doch sei, so wird versichert, die emotionale Verbundenheit mit Bonn sehr groß. Über einen Umzug nach Berlin habe man sich noch keine Gedanken gemacht, auch sei ein Grundstück noch nicht in Aussicht. Es geht alles seinen christdemokratischen Gang. Mit einem Standortwechsel rechnet man im Adenauer-Haus erst in etwa acht bis zehn Jahren. Ähnlich gedämpft ist die Aufbruchstimmung bei der FDP. Im Thomas-Dehler- Haus wird darauf verwiesen, daß die Partei bereits ein Büro in Berlin hat und man noch mit der Treuhand um die Herausgabe der Liegenschaften der ehemaligen Blockpartei NDPD verhandelt. Deren alte Zentrale an der Friedrichstraße soll künftiger Stammsitz der Liberalen werden.

Die Gedanken der Grünen gehen beim Stichwort Umzug zur Zeit in eine ganz andere Richtung. Sie müssen ihre Bonner Zentrale verlassen und ziehen sich im Herbst erst einmal ins Grüne zurück. In der parteieigenen Tagungsstätte »Haus Wittgenstein« will die Parteiführung unterkommen, bis sie »zähneknirschend« nach Berlin wechselt. Man geht davon aus, daß der Bund der Partei dort ein Grundstück für das zukünftige Domizil anbieten wird. Beim Bundesfinanzministerium ist man über soviel Versorgungsmentalität verblüfft. Es sei, so erklärte ein Sprecher, nicht bekannt, daß der Bund so etwas tut. dr

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