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Keiner will die „Expo 2000“ bezahlen

■ Der Bund will sich an den Kosten für die aufwendige Weltausstellung nicht beteiligen, es wird zu teuer/ CDU und FDP in Niedersachsen kündigen harten Einsatz an/ Die SPD ist auf dem Absprung

Hannover (taz) — Der FDP-Vorsitzende Otto Graf Lambsdorff, der CSU-Vorsitzende und Bundesfinanzminister Theo Waigel und schließlich auch noch die Bundesbauministerin Irmgard Adam- Schwaetzer haben jetzt nacheinander gegen eine Beteiligung des Bundes an den Kosten der in Hannover geplanten Weltausstellung Front gemacht. Der FDP-Vorsitzende will bereits am Dienstag in der Bonner Koalitionsrunde vorgeschlagen haben, die „Expo 2000“ ausfallen zu lassen, da der Bund bei seiner gegenwärtigen Finanzlage Kosten von sechs Milliarden Mark für eine Ausstellung nicht tragen könne. Auch nach Auffassung von Waigel kann der Bund die Summe für die geplante Ausstellung nicht zuschießen: „Wir können uns nicht mehr alles leisten. Wir müssen den Mut haben, Zusagen zugunsten der Verwirklichung der deutschen Einheit zurückzunehmen“, sagte Waigel gestern in einem Interview der 'Augsburger Allgemeinen‘. Schließlich stellte gestern auch noch die stellvertretende FDP- Vorsitzende Adam-Schwaetzer die Notwendigkeit von Zuschüssen in Frage. „Es gibt auf dieser Welt im Moment eine Menge dringendere Probleme als eine Expo 2000.“

Die rot-grüne Landesregierung in Hannover erwartet seit langen eine verbindliche Bonner Zusage zur Beteiligung an den Expo-Kosten. Bisher verlangt sie, daß der Bund 3,2 Milliarden zu der Erschließung des Expo-Geländes für den Verkehr und eine Milliarde zu dem nach der Ausstellung erwarteten Defizit zuschieße. Der Bund machte bisher seine Beteiligung von einer genaueren Bezifferung der Kosten durch das Land abhängig.

Die Staatskanzlei in Hannover konnte gegen die prominenten Bonner Expo-Gegner gestern nur eine Aussage des Expo-Beauftragten des Bundes, Klaus Beckmann, vor dem Pariser Weltausstellungsbüro ins Feld führen, nach der die Bundesregierung die Expo 2000 „mit ganzer Kraft unterstützt“. Der im Urlaub weilende niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder drängte gestern zum wiederholten Male auf Gespräche mit dem Bundeskanzler über die Weltausstellung. Auch die Spitzen von niedersächsischer CDU und FDP kündigten harten Einsatz in Bonn für die Massenveranstaltung an. Allein aus der SPD-Landtagsfraktion, die anders als ihr grüner Koalitionspartner bisher geschlossen die noch von Ernst Albrecht auf den Weg gebrachte Weltausstellungsidee befürwortet hatte, waren gestern neue Töne zu hören. „Wir sind nicht bereit, auf Dauer erhebliche Planungskapazitäten, Personal- und Finanzierungskosten vorzustrecken, ohne daß die Gefahr einer Expo-Lüge endgültig aus der Welt geschafft ist“, drohte gestern der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Heinrich nach Bonn. Jürgen Voges

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