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DIE 5. GEWALT - WEGE DURCH DEN MEDIENDSCHUNGEL: Spiegel/Bild/Stern

In der abgelaufenen Woche liefen die zeilenschindenden Heuchler wieder zur Höchstform auf. Nicht daß wir bei unserer Presselandschaft sonderlich an Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Anständigkeit gewöhnt wären — aber manchmal übertreffen sie sich mit ihrer Bigotterie gar selbst.

Die Redaktion des Nachrichtenmagazins Spiegel bemühte sich gleich montags, mit der ihr zeitweilig eigenen Dämlichkeit die „Geldmaschine Greenpeace“ zu denunzieren — Rache an jener Organisation, die vor wenigen Monaten bewies, daß sich das Hochglanz-Blatt auch auf Papier drucken ließe, das nicht derart umweltschädlich weil chlorgebleicht wäre? Nun kann man gerne über den Sinn von spektakulären Aktionen streiten, wenn man sie schon in einen Gegensatz zur ebenfalls notwendigen Basisarbeit setzen will. Auch darüber, ob in einer demokratischen Entscheidungsstruktur produktiver und effektiver gearbeitet werden könnte als in der Greenpeace-Hierarchie. Aber der 'Spiegel‘-Ansatz ist indiskutabel: „Die internationale Organisation parkt rund 56 Millionen Dollar als Rücklage bei diversen Banken...“ — als ob eine solche (gegenüber den multinationalen Umweltzerstörern lächerlich geringe) Rücklage nicht zwingend notwendig wäre, um dem Kartell der Umweltzerstörer auch langfristig Paroli bieten zu können. Und überhaupt: Wer, wie der 'Spiegel‘, in der gleichen Ausgabe über eine Million Mark durch Annoncen für umweltgefährdende Produkte einnimmt, sollte den Mund halten. Kernkraft und Chemie bescheiden sich noch mit je einer Seite, die doppelseitige Verpackungsförderung (Tetra-Pack) bringt durch Zusatzfarbe zusätzliche Erlöse, und für die Art des Reisens per Aeroplan werden gar fünf Seiten freigehalten. So richtig klingelt die Kasse bei Augsteins aber erst, wenn die Autoindustrie (samt peripherer Ergänzungen wie Reifen und Mineralöle) 132/3 Seiten Anzeigen schaltet. Die „Fiat Panda“-Werbung übrigens geschickterweise in einen Artikel, der sich kritisch mit der Windkraft auseinandersetzt.

Dafür gibt's jetzt ein 'Spiegel‘- Sonderheft am Kiosk zu kaufen — der neue „Club of Rome“-Bericht zur weltweiten Öko-Situation. Doppeltes Geldverdienen: mit der Denunziation der Umweltschützer — und mit dem neuesten Horrorszenario. (Wetten, daß Sie diese Zeilen nie im „Rückspiegel“ lesen werden?)

Am gleichen Tag ließen sich auch die Heuchler von Bild nicht lumpen: Was sich am Montag noch wie das aufgeblasene Scheitern der Ehe eines Torschützen las („Bomber Müller: Ich will nicht mehr leben“), wuchs sich am folgenden Tag zur Staatstragödie aus: „Sah denn niemand seine Not?“ Endlich eine Gelegenheit für einen Menschen, der momentan eine eher schlechte Presse hat, sich wieder als guter Mensch von München zu profilieren: „Uli Hoeneß: Ich kümmere mich um ihn“

Heucheln kann auch der Stern, wenn eine hoffnungslos überbezahlte Redaktion zum Thema „Gehälter im Vergleich — Was die Deutschen verdienen“ einen Autor mit dem (unzutreffenden) Namen Gerd Elendt ranläßt. Und schon erfahren wir, was bei Deutschlands Gehaltsempfängern monatlich so reinkommt — vom „Hilfsarbeiter in Täschnerei — DM 1.686“ bis zum „Geschäftsführer (Druck) — DM 54.200“. Und der Kanzler kriegt, inklusive Diäten, 40.100 Piepen im Monat.

Steinbach weiß: Dafür fängt ein 'Stern‘-Chefredakteur, der auch Herausgeber spielt, gar nicht erst an.

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