Kein Konzept zur Bekämpfung der Gewalt

■ "Wir müssen das Problem politisch lösen", lautete am Montag die Erleuchtung des sächsischen Polizeiministers Krause. Die Politik schweigt, wenn es um konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung von...

Kein Konzept zur Bekämpfung der Gewalt „Wir müssen das Problem politisch lösen“, lautete am Montag die Erleuchtung des sächsischen Polizeiministers Krause. Die Politik schweigt, wenn es um konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung von Ausländerhaß geht.

Auch gestern hüllte sich die sächsische Staatsregierung in Schweigen. Weder vom Ministerpräsidenten noch vom Innenminister des CDU-geführten Freistaates war eine politische Erklärung zu der seit fast einer Woche anhaltenden Ausländerhatz im ostsächsischen Hoyerswerda zu bekommen. Innenminister Rudolf Krause schließlich am Nachmittag: „Wir müssen das Problem politisch lösen.“

Der Innenminister traf am Nachmittag zu einer Einsatzberatung mit der Polizei zusammen. Krause denkt für die „Herauslösung“ der AusländerInnen an eine ehemalige Offiziersschule im nahegelegenen Kamenz. Allerdings, so der Sprecher des Innenministers, müßte die Hardthöhe eine „Ausnahmegenehmigung“ erteilen. Von seinem hessischen Amtskollegen Herbert Günther (SPD) habe Krause eine Hundertschaft Polizei und 200 Objektschutzbeamte erbeten. Keine neue Idee, denn davon hatte Krause bereits am Mittwoch während der Plenardebatte zum Umgang mit AsylantInnen in Sachsen gesprochen, wo er auch sein Schutzkonzept entwickelte, die Asylantenheime mit Zäunen zu umstellen.

Doch die AsylbewerberInnen wollen nicht im Osten aus einem Kreis „herausgelöst“ werden, um im anderen ebenso gefährdet zu sein. Ihr Ziel ist der Westen Deutschlands, wie ein Flüchtling aus Ghana erklärte. Die von Rechtsextremisten entfachte und vom „normalen Mann auf der Straße“ vollzogene Menschenjagd galt jedoch anfangs nicht dem Heim für AsylbewerberInnen, sondern einem Wohnheim für mosambikanische und vietnamesische Arbeiter, von denen die meisten schon seit Jahren auf der Grundlage von DDR-Verträgen in der nun vom Zusammenbruch bedrohten Lausitzer Kohlenindustrie gearbeitet hatten. Deren Verträge laufen nun aus.

Trotzdem schob der Hoyerswerdaer Landrat Wolfgang Schmitz (CDU) gegenüber der ARD den AusländerInnen die Schuld in die Schuhe. Einige Mosambikaner und Vietnamesen hätten sich in einer Weise aufgeführt, die nicht auszuhalten gewesen wäre. Wären es „echte Asylbewerber“, hätten sie sich in einer den „deutschen Verhältnissen angepaßten Weise verhalten“. Auch Bundesinnenminister Schäuble (CDU) blies in dieses Horn. „Große Teile der Bevölkerung“ seien „besorgt über den massenhaften Zuzug von Asylbewerbern“. Die stellvertretende SPD- Vorsitzende Däubler-Gmelin rügte CDU-Chef Rühe, weil er Asylbewerber zu „Menschen zweiter Klasse“ mache, und forderte einen „klaren Konsens gegen Ausländerfeindlichkeit“ als Voraussetzung für einen Kompromiß in der Asyldiskussion.

SPD-Fraktionschef Karl-Heinz Kunckel war selbst nach Hoyerswerda gefahren, um mit den betroffenen AusländerInnen, Kommunalpolitikern und der Kirche ins Gespräch zu kommen. Vor seiner Abreise erklärte er gegenüber der taz, es sei „unseriös, die Diskussion um den Artikel 16 des Grundgesetzes mit den Hoyerswerdaer Ereignissen zu verquicken“. Kunckel verlangte von den regierenden Politikern, „endlich ein Zeichen zu setzen für das friedliche Zusammenleben mit AusländerInnen in Deutschland, statt die Asyldiskussion weiter anzuheizen“.

Auf einer Pressekonferenz zur bevorstehenden Gründung des Bündnis90/Grüne in Sachsen nannte es Andreas Jahnel „beschämend“, daß ins sächsische Hoyerswerda die brandenburgische Ausländerbeauftragte Almuth Berger reisen mußte. Der Freistaat habe die vom Bündnis90 und den anderen Oppositionsfraktionen erst in der vergangenen Woche erneut geforderte Stelle einer Ausländerbeauftragten noch immer nicht eingerichtet. Detlef Krell, Dresden