: Erste Einigung in El Salvador
■ FMLN wird in neue Polizeiorganisation eingegliedert/ Zukunft der Armee ungeklärt
New York (ap) — Die Regierung von El Salvador und die Guerilla „Nationale Befreiungsfront Farabundo Marti“ (FMLN) haben nach FMLN-Angaben bei den achttägigen Gesprächen in New York unter Vermittlung von UNO-Generalsekretär Perez de Cuellar bedeutende Fortschritte hin zu einer Beendigung des Bürgerkriegs erzielt. Beide Seiten kamen am Dienstag überein, daß die Guerilleros in eine neuzuschaffende staatliche Polizeiorganisation aufgenommen werden sollen. Damit soll ihnen eine sichere Eingliederung ins bürgerliche Leben gesichert werden. Die neue Polizei soll aus der Zuständigkeit des Verteidigungsministeriums ausgegliedert werden.
Die fünf an den Verhandlungen beteiligten Guerillakommandeure erklärten, es gebe derartige Fortschritte hin zu einem Friedensvertrag, daß man auf die Herausgabe einer gemeinsamen Erklärung über das Thema Polizei verzichtet habe und sich lieber auf die Fortsetzung der Gespräche konzentrieren wolle.
Zu den noch offenen Fragen gehören die Säuberung der Streitkräfte von Personen, die gegen die Menschenrechte verstoßen haben, eine Justizreform, Zeitpunkt und Ausmaß von Amnestien und Einsatz der neuen Polizeitruppe gegen die rechtsextremistischen Todesschwadronen, die für eine Unzahl von Morden verantwortlich gemacht werden.
Verlautbarungen aus Diplomatenkreisen zufolge haben die Vertreter der Regierung unter dem christdemokratischen Präsidenten Alfredo Cristiani und die FMLN-Unterhändler zugesagt, sich am 15. Oktober wieder mit dem UNO-Generalsekretär Javier Perez de Cuellar zu treffen. In der Zwischenzeit wollen sie an der Lösung der noch offenen Probleme arbeiten.
San Salvador (taz) — Die Einigung vom Dienstag geht hinter das zurück, was ursprünglich bei den Friedensgesprächen erreicht werden sollte. Den Vorschlag Perez de Cuellars, einige hochrangige FMLN-Comandantes in die Reihen der Armee einzugliedern, blockten die Militärs ab. „Wir sind eine professionelle Institution, die weder der Restrukturierung bedarf noch der Eingliederung der Terroristen, erklärte Verteidigungsminister Emilion Ponce bei einem Vortrag im Hotel Sheraton vergangenes Wochenende.
Der relative Optimismus der am Verhandlungsprozeß beteiligten Kräfte, dem 11 Jahre alten Krieg bald ein Ende bereiten zu können, steht im Gegensatz zur reservierten Haltung der Salvadorianer im Landesinneren. Dort beherrscht die Armee angesichts des zu Verhandlungsbeginn von der FMLN verkündeten einseitigen Waffenstillstandes nicht nur wichtige Teile der Konfliktzonen, sondern auch den Propagandakrieg in den Medien. Lokale Armeechefs nahmen den 15. September — den Unabhängigkeitstag — zum Anlaß, den Niedergang des Weltkommunismus zu feiern, der ihrer Auffassung nach auch den Fall der FMLN nach sich ziehen würde.
Doch könnten die Scharfmacher im Generalstab der Armee noch zu Fall kommen, und zwar als Auftraggeber des Mordes an sechs Jesuitenpatres im November 1989. Der Prozeß gegen neun Militärs, darunter auch Oberst Guillermo Benavides, wird in wenigen Tagen in San Salvador beginnen. Leo Gabriel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen