: Dire Straits: etwas fehlte
■ Band legendär, Stadthalle ausverkauft, Beifall minutenlang und tosend
Der Lichtzauber war fantastisch, die Band begann pünktlich, Mark Knopflers Stimme war wie immer, sonor, bassig-cremig, leicht angerauht - und trotzdem: irgendwas fehlte. In der ausverkauften Stadthalle gastierte eine perfekte Musikberieselungsanlage aus neun Musikern, zwei Drummer, drei Keyborder, ein Saxophonist, ein Bassist, zwei Gitarristen.
Mark Knopfler — auf den sich die vielfarbigen Scheinwerfer vor allem richteten — badete die Ohren der mehreren tausend 20 bis 50jährigen eine Stunde lang in neuerer Musiksuppe, bis er mit den „Sultans of Swing“ das erste Dire-Straits- Classical brachte und minutenlangen, sozusagen tosenden Beifall erhielt. Seine Stimme, die sanft rollenden Lieder mit den leise und lässig hingeworfenen Gitarrensoli begleiten uns seit 15 Jahren, aber den Mythos leibhaftig auf der Bühne zu sehen, hatte trotz aller Lichtspielereien glücklicherweise gar nichts Religiöses.
Da steht ein perfekter Musiker mit einer perfekten Band, die manchmal in längeren Improvisationen beweist, daß sie besten Rock'n'Roll spielen kann. Leider wollte sie vor allem ihre neue LP/CD vorstelllen. „On every Street“ ist keine zündende Staßenmusik, sondern langweilige und zerdehnte Glätte, eine Musik, die leer läßt. Schöne Ausnahme: „The Planet of New Orleans“.
Da hilft es Mark Knopfler wenig, zum Auftakt des Konzertes Elvis anzurufen (“Calling Elvis“). Elvis (der der frühen Jahre) kommt nicht, Dire- Streets produziert „on every street“ einen zufriedenen Sound für zufriedene Gemüter.
„Aber auf jeden Fall solltest du das Konzert nicht allzu sehr runterreißen“, sagt mein Freund und besteht darauf, daß ich auch die besseren Seiten betone. Die besseren Seiten wurden zum Schluß aufgeschlagen, mit „Telegraph Road“ und — nach einer kurzen Kunstpause zum Ausklatschen — mit meinem Lieblingslied „Brothers in arms“, das Mark Knopfler so ausspielt, wie es mir gefällt, das Orginal wird zum Zitat, die Stimme liegt leicht daneben, die Abweichungen machen die Musik lebendig. Die Wunderkerzen und Feuerzeugfraktion hat ihre große Minute, nach einem letzten Rock'n'Roll- Rausschmeißer war um zehn nach zehn alles vorbei.
Was bleibt von diesem Abend, zu dem tausende aus der näheren und ferneren Umgebung und sogar aus Dänemark angereist waren? Ein vages Gefühl, daß wir uns mehr gewünscht hätten. Aber was? hans happel
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