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Bremer taz — schon fünf und noch nicht weise?

■ Weiterwursteln oder Professionalisierung — über diesen schlichten Leisten läßt sich die Lage der taz nicht schlagen

„Nur als professionelles Blatt könnte die taz überleben“, sagt uns die alte Tante 'Zeit'. Stichworte wie Professionelles Management, Aufspaltung von taz-Unternehmer und taz-Betriebsrat, d.h. Aufhebung der taz als letztlich selbstorganisierter Betrieb im Besitz der Belegschaft, Suche nach großen Kapitalgebern lesen wir in Diskussionspapieren der Berliner taz-KollegInnen — „Weiterwursteln geht nicht mehr.“

Betrifft das die Bremer taz- GmbH? Eine Frage, tausend Antworten. Die Berliner taz-Debatte ist erschreckend allgemein. Was ist denn ein „professionelles Blatt“? Die 'Zeit', dieses super professionelle Blatt, illustrierte ihren taz-Beitrag am vergangenen Donnerstag mit einem vier- und einem zwei Jahre alten Foto, beide waren offenbar im Archiv noch nicht vergilbt.

Die innere Innovationskraft der taz lebt davon, daß die Belegschaft nicht nur als kollektiver „Betriebsrat“ mitdenkt, sondern auch als kollektiver „Unternehmer“. Jedes „professionelle“ Unternehmen träumt von den Chancen, die darin liegen. Die Gruppendynamik der taz-Zentrale in Berlin hat diese Chancen verschüttet. Das erklärt die ultimativ-resignativen Formulierungen der Berliner taz-Debatte. Das kleine, überschaubare Bremer taz-Kollektiv hat sich von dem Bazillus freihalten können.

„Das Ende der Latzhose“ schreibt die 'Zeit' wie einen zusammenfassenden Kommentar als Titel über ihre taz-Geschichte. Da können alle nicken, das befriedigt die Klischees der 'Zeit'-LeserInnen. taz, Latzhose. Mit der Realität und den Problemen der taz hat es nichts zu tun.

Zeitungsleser lassen sich ungern auf Risiken ein, honorieren ein klares Zeitungsimage, sagen uns die professionellen Beobachter des Zeitungsmarktes. Schade. Zum Glück kann sich die Redaktion der taz immer auf die Vielfalt der LeserInnen-Erwartungen herausreden.

Die taz von 1991 ist nicht mehr die taz von 1981, hat ein Leser seine Abbestellung begründet, berichtet die 'Zeit'. Ja und? Die Welt ist furchtbar konservativ geworden, links wie rechts. Die Blöcke stimmen nicht mehr, die Veränderungen machen Angst, ersticken die Lust an der intellektuellen Verunsicherung, verführen zur Sehnsucht nach ideologischen Schrebergärten.

Die taz — ein Yuppi-Blatt? Die taz — täglich die linke, alternative Zeitung? Quatsch, beides gleichermaßen. Die taz schaukelt auf der aufgewühlte See dieser orientierungslosen Zeit. Die Leserschaft der taz erträgt weniger die Unzuverlässigkeiten, die das mit sich bringt. Wir haben das verstanden.

taz macht weiter taz

Natürlich machen wir die Zeitung nicht als Selbstzweck, sondern für unsere LeseInnen. Mehr Analye sagen die einen, mehr kurze Orientierung die anderen — wir können nicht alles. Wir erkennen die Lese-Erwartungen an, die sich auf Unterhaltsames und Lockeres richten. Weil das Fernsehen die Menschen daran gewöhnt hat, zu jedem Interview das Gesicht des Interviewten zu zeigen, versuchen wir ein Foto in jedes Interview zu stellen. Wenn wir das Geld für drei Redaktionsstellen mehr hätten, würden wie mehr Sportberichterstattung bringen. Aber wenn wir jetzt zusätzliche KollegInnen bezahlen können, dann stärken wir zunächst unsere „Geschäfts“-Abteilung, die Anzeigenaufkommen und Vertrieb garantiert, also den Verkauf unserer Ware, und die in den ersten Jahren der Bremer taz völlig unterbesetzt war.

Solche Vorsätze kann man „Professionalisierung“ nennen, nur sind sie überhaupt nicht neu. Das Problem der taz ist es von Anfang an gewesen, ohne eine Scheibe vom Gebührenaufkommen der öffentlich-rechtlichen Medienanstalten und ohne eine hinreichende Scheibe vom Werbeaufkommen der alteingesessenen, kommerziellen Medien eine anspruchsvolle Zeitung zu machen. Eine Quadratur des Kreises.

Ohne den Anspruch aufzugeben, eine 'andere' Tageszeitung zu sein, ohne auf der Suche nach dem Weg des geringsten Widerstandes einfach mit dem Strom zu schwimmen, wird auch die Bremer taz sich auf diesem Weg der Professionalisierung vorantasten müssen. Abhängig von der Kooperationsbereitschaft und Unterstützung vieler, dennoch von einer unbändigen, rücksichtslosen inneren Pressefreiheit, ohne den die taz keinen Sinn macht.

Das kostet unendlich viel Kraft. Verständlich, daß der eine oder die andere nach Jahren derart aufreibender Arbeit in Unsicherheit mal auf einem ruhigeren Stuhl sitzen will. Die taz lebt davon, neue MitarbeiterInnen für dieses unkonventionelle Projekt zu motivieren und zu integrieren, die Verluste zu ersetzen. Gute Köpfe verlassen die taz, das stimmt. Aber: Solche Wechsel sind üblich im Medienbereich. Daß die taz nicht die Löhne bezahlen kann, ausgewiesene KollegInnen von anderen Medien „einzukaufen“, ist das Problem. Und keiner, der in der taz unersetzlich war, spielt mit seinen Beiträgen in dem Produkt des neuen Arbeitgebers eine wichtige Rolle. Den journalistischen Möglichkeiten, die die taz bietet, trauern alle nach, die gegangen sind.

Die Kraftanstrengung lohnt sich also. Wir danken allen, die der Bremer taz ihre ersten fünf Jahre ermöglicht haben. Und wir wissen, daß wie Sie weiter brauchen. Klaus Woschner

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