: Kündigen heißt noch nicht erneuern
■ Der Rektor der Humboldt-Uni, Heinrich Fink, verwahrt sich gegen den Vorwurf, er behindere den Erneuerungsprozeß/ Die Immatrikulationszahlen sprechen für großes Interesse an der Ostberliner Uni
Mitte. Die Humboldt-Universität (HUB) rechnet in diesem Semester mit etwa 20.000 StudentInnen. Allein für das kommende Wintersemester haben sich knapp 4.500 neu immatrikuliert, davon kommen etwa 12 Prozent aus den alten Bundesländern. Der Rektor, Heinrich Fink, nannte dies ein »erfreulich gutes Ergebnis«, das beweise, wie groß das Interesse an der HUB sei. Auch sei ihm wichtig, daß über die Hälfte Bewerberinnen seien.
Die Neuimmatrikulationen waren jedoch nicht das einzige Thema auf der Pressekonferenz zum Semesteranfang. Der Rektor verwahrte sich ausdrücklich gegen die Vorwürfe des Wissenschaftssenators Manfred Erhardt (CDU), er hintertreibe »mit hinhaltendem Widerstand«, daß die Empfehlungen der Personal- und Strukturkommissionen (PSK) umgesetzt würden und behindere damit die personelle Erneuerung der HUB. Fink sagte, die Empfehlungen seien noch keine Kündigungen. Erst müsse nachgewiesen werden, daß die Stelle tatsächlich überflüssig sei, die Lehrperson über keine ausreichende fachliche Eignung verfüge oder politisch belastet sei. »An der Universität besteht ein berechtigtes Interesse, bei vorzunehmenden Kündigungen ein hohes Maß an Rechtssicherheit zu gewährleisten«, sagte Fink. Die HUB selbst könne außerdem gar nicht kündigen. Dazu sei rechtlich nur die Personalkommission befugt, in der die Wissenschaftsverwaltung, die Innenverwaltung, die Finanzverwaltung, der Rektor und zwei Prorektoren Sitz und Stimme haben.
Die Zentrale PSK hat dem Kuratorium der HUB ein »Umschichtungs- und Überführungsmodell« vorgelegt. Dieses sieht vor, das vorhandene Personal wissenschaftlich vertretbar zu reduzieren und nicht belasteten MitarbeiterInnen zu überführen. Aufgrund der Unsicherheit, die die Bestimmungen des Ergänzungsgesetzes verursachen, »verlassen viele Kollegen und Kolleginnen die Universität, die ihre Plätze hier behalten sollten«, so Fink.
Prorektor Ulrich Reinisch pflichtete ihm bei: »Ich halte es sowieso für eine abstruse Idee, den Grad des Erneuerungsprozesses anstelle von inhaltlichen Erneuerungsprozessen an Kündigungen messen zu wollen.« Er verwies auf neue Projekte wie beispielsweise einen Studiengang Europastudien, Frauenforschung oder Ökologie.
In den fünf ehemals abzuwickelnden Fachbereichen haben die Berufungs- und Strukturkommissionen mittlerweile etwa 100 ProfessorInnenstellen ausgeschrieben. »Wir versuchen dabei intensiv, auch das Landesantidiskriminierungsgesetz in Anschlag zu bringen«, betonte Fink. Gestern habe der Akademische Senat eine Berufungsliste an den Fachbereich Geschichte zurückgegeben, da Bewerberinnen nicht angehört worden seien. cor
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