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Weiter ostwärts abschieben

■ Gericht bestätigt Rechtmäßigkeit/ Bekennerschreiben zu »Bayern Express«

Berlin. Die Verteilung der Asylbewerber entsprechend festgelegten Aufnahmequoten auf die neuen Bundesländer ist rechtmäßig. Die Zuweisung in den Osten durch das Landeseinwohneramt Berlin ist auch dann rechtmäßig, wenn es dort, wie in den letzten Wochen geschehen, »zu einer Welle von tätlichen Übergriffen Rechtsradikaler und teilweise auch mit ihnen sympathisierender Bürger auf Leben und Gesundheit von Asylbewerbern gekommen sei«. Mit diesem gestern veröffentlichten Beschluß hat die 24. Kammer des Verwaltungsgericht den Antrag eines türkischen Asylbewerbers abgelehnt, seine Verlegung von Berlin nach Brandenburg aufzuschieben. (Akt.-Z. VG 24 A 299.91)

Die rassistischen Übergriffe rechtfertigen auch nicht die Annahme, »daß die örtliche Polizei nicht willens oder in der Lage sei, Asylsuchende zu schützen«, heißt es in der richterlichen Begründung und weiter: Weder in den westlichen noch in den östlichen Bundesländern »könne ein polizeilicher Schutz lückenlos sein«. Das Gericht vertrat deshalb den Standpunkt, daß die Zuweisung in die neuen Bundesländer nicht mit konkreten lebensbedrohenden Folgen oder sonstwie unverhältnismäßigen Belastungen verbunden sei. Entgegen der Auffassung, die das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen für das Land Sachsen vertreten habe, sei auch eine befristete Aussetzung der Verteilung rechtlich nicht geboten.

Klagen auf eine aufschiebende Wirkung liegen derzeit auch bei der 15. und 10. Kammer des Verwaltungsgerichts. Ein Sprecher bestätigte, daß es dort noch »Bedenken« über die momentane Zwangsverteilung gebe. Sollten diese Kammern aber anders als die 24. entscheiden, könne die Ausländerbehörde oder das Landeseinwohneramt beim Oberverwaltungsgericht Widerspruch einlegen. Weil die höhere Instanz in einer Revisionsklage aber bereits entschieden hat, daß die Zuweisungen weitergehen, sehen die Chancen für Asylbewerber, die ihr Verfahren in Berlin abwarten wollen, schlecht aus.

Gewalttätigen Widerstand gegen die »Verschubung« (!) leisteten »Autonome Gruppen«. Gestern lief bei der taz »mit lieben Grüßen an die Antirassistische Gruppe (ARAG)« ein Bekennerschreiben dieser anonymen Gruppen ein. Aus Protest gegen die [an der] »unmenschlichen Behandlung von Flüchtlingen beteiligten Organe und deren Handlanger«, schreiben sie, »haben wir am 21. 10. an fünf Reisebüros des ‘Bayern Express‚ die Schaufenster entglast und die Verkaufsräume durch Buttersäure unbenutzbar gemacht«. Wie berichtet, werden mit diesen Bussen die Asylbewerber jeden Donnerstag morgen von Berlin aus in die neuen Bundesländer gebracht. aku

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