: „Coming Out“ bei der BBC
■ Geheime Planung einer Marathon-Sendung zu homosexuellen Themen
Dublin (taz) — Ist das vorstellbar: Ein ganzer Fernsehabend vollgepackt mit homosexuellen Themen, noch dazu am heiligen Samstag? Der Tory-Abgeordnete Terry Dicks aus Harlington bezeichnete die Idee als „entsetzlich“. Dennoch plant die BBC, am 16. November ein Marathonprogramm auszustrahlen, um den 21. Jahrestag des „Coming Out“ einer Gruppe von homosexuellen Männern und Frauen von der renommierten London School of Economics zu würdigen. Geplant ist offenbar eine mehrstündige Sondersendung im Rahmen der Serie Saturday Night Out.
Bei der BBC ist man sich seiner Sache freilich auch nicht sicher und verweigert Auskünfte über Details und selbst eine Bestätigung des Sendetermins, um eine Kontroverse im Vorfeld zu verhindern. Alan Yentob, der für Saturday Night Out verantwortlich ist, hat allen MitarbeiterInnen den Mund verboten. Auch die unabhängige Fernsehanstalt Fulcrum, die mit der Programmgestaltung beauftragt worden ist, hält sich bedeckt. Durchgesickert ist lediglich, daß eine homosexuelle Version des Films The Rock and Roll Years, eine Dokumentation über homosexuelle Pornographie sowie ein Film über einen schwulen Schwarzen in einer vorwiegend weißen US- amerikanischen Kleinstadt gezeigt werden sollen. Vor allem die Porno-Dokumentation hat bei den BBC-Verantwortlichen so große Unruhe ausgelöst, daß der Film bereits um ein Viertel gekürzt wurde.
In einer Presseerklärung der BBC heißt es, das abendfüllende Programm soll die Bemühungen derjenigen würdigen, die sich „vor 21 Jahren für die homosexuelle Befreiung einsetzten“ und werde sowohl „ernste als auch weniger ernste Themen“ behandeln. Gleichzeitig wies die Schwulen-Initiative Outrage darauf hin, daß es mit der „homosexuellen Befreiung“ in Großbritannien nicht weit her sei. Die Organisation veröffentlichte eine Statistik, aus der hervorgeht, daß 1989 viermal soviele Männer wegen homosexueller Handlungen verurteilt wurden als vor der angeblichen Entkriminalisierung Ende der sechziger Jahre. 1989 wurde in 3.500 Fällen Anklage erhoben. Dabei kam es zu 2.700 Verurteilungen — in 40 Fällen sogar zu Gefängnisstrafen.
Das Londoner Innenministerium hatte dazu nur eine lapidare Erklärung übrig, ihnen sei die Statistik zu vage. Und ohnehin habe diese Frage nur geringe Priorität für sie. Viel mehr sei man an einer Untersuchung über die Diskriminierung Schwarzer vor Gericht interessiert. Ralf Sotscheck
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen