Auftakt-Fehde zum FDP-Parteitag

■ FDP-Landeschef Kubicki attackiert designierten Generalsekretär wegen dessen LDPD-Vergangenheit

Bonn (afp/taz) — Zwei Tage vor dem FDP-Bundesparteitag im thüringischen Suhl ist eine scharfe Kontroverse um den designierten Generalsekretär der Liberalen Uwe Lühr entbrannt. Während der schleswig- holsteinische FDP-Chef Wolfgang Kubicki massive Bedenken gegen den 42jährigen wegen dessen Vergangenheit in der DDR-Blockpartei LDPD anmeldete, stellten sich der FDP-Vorsitzende Otto Graf Lambsdorff und Fraktionschef Hermann Otto Solms demonstrativ hinter den Kandidaten aus Halle. Beide warfen Kubicki „Charakterlosigkeit“ vor. Kubicki hatte Lühr vorgehalten, als jahrelanger hauptamtlicher Sekretär für Wirtschaftsfragen im Bezirksvorstand der LDPD sei es ihm „unvermeidlich“ gewesen, „daß er in Reden und Texten den Sozialismus bejubelte“.

Lambsdorff, der Lühr vor wenigen Wochen als einen Kandidaten präsentiert hatte, mit dem die FDP „keine Überraschungen“ erleben werde, forderte Kubicki auf, sich mit ihm selbst auseinanderzusetzen und nicht einen „Stellvertreterkrieg“ gegen Lühr zu führen. Solms unterstrich, es gebe keinerlei Hinweise, daß Lühr mit der Stasi zusammengearbeitet habe. Lambsdorff betonte, wenn solche „Verdächtigungen und Vermutungen“ fortgesetzt würden, werde es schwer sein, den notwendigen Einigungsprozeß in der FDP auch im menschlichen und persönlichen Bereich zu erreichen. Im Klartext: Wenn West-FDPler den Ost- Kandidaten schon im Vorfeld des Parteitages demontieren, könnten sich die Ost-Delegierten in Suhl revangieren. Dort steht auch der im Osten wenig geliebte Parteichef zur Wiederwahl. Vor diesem Hintergrund verband Kubicki seine Attacke gegen Lühr mit heftigen Vorwürfen gegen Lambsdorff: Der habe mit seiner Entscheidung für Lühr „vor allem die Stimmen der Delegierten aus den neuen Ländern einfangen“ wollen.

Im Vorfeld des Parteitages sprachen sich Lambsdorff und Solms gegen eine FDP-Frauenquote aus. Dies produziere „Alibi-Frauen“, erklärte Lambsdorff. Er traue den Frauen mehr zu, „als Quoten-Frau zu sein“. Die FDP-Frauen wollen nach dem Vorbild der SPD auf dem Parteitag einen Dringlichkeitsantrag einbringen, 30 Prozent der Parteiämter mit Frauen zu besetzen. Die Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen, Birgit Homburger, kritisierte den FDP- Leitantrag „Soziale Chancen durch liberale Marktwirtschaft“ in scharfer Form. Die FDP sei „programmatisch ohne Biß“.

Auf dem Parteitag wird die gesamte Führungsspitze der FDP neu gewählt. Lambsdorff hat bislang keinen Gegenkandidaten. Um die Stellvertreterposten Lambsdorffs dürfte es Kampfkandidaturen geben. Als ungefährdet gelten nur Bauministerin Irmgard Schwaetzer und Bildungsminister Rainer Ortleb.