: Antirassismus in Europa stärker unterstützen
■ Weltkirchenrat schichtet Unterstützungszahlungen um
Genf (taz) — Der schrittweise Abbau der Apartheid in Südafrika sowie die wachsenden rassistischen und ausländerfeindlichen Tendenzen in ganz Europa führen allmählich zu einer Verlagerung von Hilfsleistungen internationaler Organisationen. Deutlich wird dies bei den gestern in Genf bekanntgegebenen Summen, mit denen der Ökumenische Weltrat der Kirchen (ÖRK) in diesem Jahr im Rahmen seines „Programmes zur Bekämpfung des Rassismus“ (PCR) rassisch unterdrückte Gruppen und Völker sowie Solidaritätsorganisationen unterstützt. Zwar erhalten die beiden Befreiungsbewegungen in Südafrika, ANC und PAC, mit 141.000 bzw. 94.00 US-Dollar 1991 noch einmal soviel Geld wie im Vorjahr und damit den größten Anteil an den insgesamt verteilten 505.000 Dollar. Doch unter den zahlreichen Anti-Apartheids-Organisationen außerhalb Südafrikas wird erstmals nur noch die bundesdeutsche Anti-Apartheid-Bewegung (AAB) bedacht (4.000 Dollar). Und dieses nach Auskunft des PCR-Direktors auch nur, weil sie bei der Geldbeschaffung innerhalb der Bundesrepublik weit größere Schwierigkeiten hat als ihre Schwesterorganisationen etwa in Großbritannien oder den Niederlanden. „In Deutschland attackieren marodierende Neonazi-Gangs und faschistische Jugendliche unschuldige Einwanderer und Aslysuchende und propagieren neue Formen des Antisemitismus.“ Mit diesen Worten begründete ÖRK-Generalsekretär Emilio Castro, warum der ÖRK künftig die Bekämpfung von Rassismus und Ausländerfeindlichkeit in Europa zu einem Schwerpunkt machen will — neben der Unterstützung rassisch benachteiligter Gruppen in Nord-und Südamerika, Asien, Australien und Lateinamerika. Castro verwies außerdem auf „den Erlaß diskriminierender Bestimmungen gegen Immigranten und Asylsuchende durch die Regierungen in Paris und London“ sowie auf die „zunehmende Gewalt gegen Roma in Rumänien und Polen“.
Mit der britischen „Kampagne gegen Rassismus und Faschismus“ (CARF) unterstützt der ÖRK 1991 erstmals eine derartige Organisation in Europa finanziell (4.000 Dollar). Die Roma-Föderation in Rumänien bekommt 9.000 Dollar aus den ÖRK-Töpfen. Geld erhalten außerdem Selbsthilfe-Gruppen von Marrokanern in Frankreich, surinamesischer Frauen in den Niederlanden sowie asiatischer Flüchlinge in Großbritannien. Der ÖRK hofft, 1992 noch mehr Mittel für diesen Arbeitsschwerpunkt zur Verfügung stellen zu können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen