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PRESS-SCHLAGNein zu Europa

■ Gruppe 2: Rumänien — Schweiz 1:0/ Eidgenössische Fußballer verwehren sich der EM-Teilnahme

Die einen haben es schon immer gewußt, daß nämlich die schweizer Fußballer den entscheidenden Punkt auch diesmal wieder nicht holen würden. Die andern heben hervor, daß seit 25 Jahren keine Mannschaft so nahe an der Qualifikation für ein großes Turnier war und bis neunzehn Minuten vor Schluß ihres letzten Qualifikationsspieles den ersten Tabellenplatz hielt. Bei dem stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn der Eidgenossen jedenfalls, der immer noch dort funktioniert, wo die Lage im Gegensatz zu hintergründigen Geldtransportproblemen einsehbar ist, bezeichnet niemand den 1:0-Sieg der Rumänen, denen nun am 20.November in Bulgarien ein Sieg mit zwei Toren Unterschied zur EM-Teilnahme genügen würde, als unverdient.

Das Mittelfeld habe dem Druck des technisch und kämpferisch starken Gegners nicht standgehalten, so der unerschrockene Nationalcoach Uli Stielike, auf dessen Konto man allgemein das dennoch überraschend gute Abschneiden der Mannschaft verbucht. Die Abwehr trug die Bürde des Spiels und hat mit dem Glück und Geschick der sieben Aufrechten lange das Unentschieden verteidigt, das zur Teilnahme an der EM in Schweden ausgereicht hätte, hätte, hätte.

Fazit: Es ist kein Kartenhaus, was da mit dem Schlußpfiff in Bukarest an einem nebligen Mittwochabend zusammenbrach. Der Fußball hat in der Schweiz etwas an Popularität zurückgewonnen. Die junge Mannschaft hat ihren „Leistungsnachweis“ erbracht, ein Neuaufbau ist diesmal nicht vonnöten. Und weil der Weg zur EM ohnehin steiler und enger ist als der zur WM mit ihren doppelt so vielen Mannschaften, bleibt für 1994 das Tor zu den USA offen.

Diesen, den nüchternen Schweizern eher wesensfremden Optimismus weckt Uli Stielike, den bei einer Umfrage ebensoviele zu kennen vorgaben wie ihren Bundesratspräsidenten Flavio Cotti: gute fünfzig Prozent. Gemessen an der üblichen Wahl- und Abstimmungsbeteiligung von cirka dreißig Prozent ist das ein Ergebnis, auf das sich aufbauen läßt.

Es wär zu schön gewesen, aber es hat nicht sollen sein. Die Eidgenossen wären die letzten, die das nicht einsehen würden. Und in Kürze betreten ihre eigentlichen Nationalhelden die Piste. Dann wird der Schnee, ob aus Kanonen oder vom Himmel, auch diese bittere Niederlage eine Winterpause lang in sein besänftigendes Weiß einhüllen. Jürgen Theobaldy

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