: Kripo-Lauscher nach neun Jahren vor Gericht
Hannover (taz) — Neuneinhalb Jahre nach den illegalen Lauschangriffen auf den hannoverschen Juwelier René Düe und damit kurz vor Ablauf der Verjährungfrist hat gestern vor dem Landgericht Hannover ein Strafprozeß gegen acht Kripobeamte wegen „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“ begonnen. Die acht Polizisten, vom Kriminalobermeister bis hinauf zum Kriminaldirektor, sollen laut Anklage an einem oder mehreren der insgesamt vier Lauschangriffe beteiligt gewesen sein, bei dem die Polizei im Jahre 1982 in Frankreich und den Kanarischen Inseln Gespräche zwischen dem Agenten Werner Mauss und dem zu Unrecht des Versicherungsbetruges beschuldigten Juwelier aufzeichnete. Obwohl Werner Mauss nach Festellungen eines Untersuchungsauschusses die Ermittlungen gegen den erst im zweiten Strafprozeß freigesprochenen Düe im wesentlichen steuerte, ist er in diesem Prozeß nur für Januar als Zeuge geladen.
Vor allem dem Langmut der hannoverschen Staatsanwaltschaft ist es geschuldet, daß das Verfahren gegen die Kripo-Lauscher sich jetzt wahrscheinlich zu einem Wettlauf mit der 10jährigen Verjährungsfrist entwickeln wird, die auch für den letzten Lauschangriff am 7. Juli nächsten Jahres abläuft. Die hannoversche Staatsanwaltschaft hatte erst im Zuge einer parlamentarischen Untersuchung die Ermittlungen gegen die Kripobeamten begonnen, sie dann nach langer Bedenkzeit wieder eingestellt und erst nach einer Weisung des Justizministeriums die Anklage gefertigt. Noch einmal eineinhalb Jahre vergingen danach bis zum Prozeßbeginn, weil das Verfahren zwischen Land- und Amtsgericht hin- und hergeschoben wurde. Der gestrige erste Verhandlungstermin bestand dann im wesentlichen auch aus Beratungspausen, in denen die 8. Große Strafkammer des Landgerichts schon über mehrere Befangenheitsanträge zu entscheiden hatte. Am Rande des Prozesses kündigten Vertreter der Verteidigung schon an, daß sie die Vernehmung ausländischer Polizeibeamter, Ortstermine im Ausland und auch ein Gutachten eines Instituts für internationales Recht beantragen würden, das sich mit der Strafbarkeit von im Ausland möglicherweise nicht verbotenen Ermittlungsmethoden beschäftigen solle. Jürgen Voges
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen