: Trübungen des männlichen Blicks
■ Betr.: „Nur 3 % Künstlerinnen dabei“ — taz vom 19.11.91
Aus Herrn Deeckes Äußerungen zum Thema „Ausstellungsrepräsentanz von Künstlerinnen im Neuen Museum Weserburg“ spricht — leider! — die Arroganz und Ignoranz der Macht, implizieren seine Ausführungen doch das, was von männlichen Künstlern im Museum hängt oder Sammlungen bereichert, sei gute Kunst (“die ist im wesentlichen von Männern gemacht“).
Hätte Herr Deecke sich mit den neueren internationalen und bundesweiten Forschungsergebnissen zur Situation und zum Schiffen von Künstlerinnen (z. B. Symposium Bonn 1989, Kongress Wiesbaden 1990, Kunsthistorikerinnen-Tagung Hamburg 1991) auch nur ansatzweise beschäftigt, so wüßte er, daß Kunst eben nicht geschlechtsneutral — wie männlicherseits immer behauptet — sondern u. a. abhängig von der Kategorie „Geschlecht“ beurteilt und vermarktet wird — und besagte Marktmechanismen schlagen desto kräftiger zu, je mehr eine Sammlung als Wertanlage konzipiert wurde. Mit „guter Kunst“ hat dies nur in sofern zu tun, als der Markt die dazugehörigen Normen selbst definiert.
Frauen ziehen in diesem tradierten männlichen (Kunst-)Normensystem, das durch Seilschaften stabilisiert wird, allemal den kürzeren — aber nicht, weil sie die schlechtere Kunst machen! Es geht nicht um feministische Erbsenzählerei, sondern darum, gewissen Trübungen des männlichen Blicks auf das Kunstgeschehen gegenzusteuern, indem Künstlerinnen den ihnen angemessenen Raum einfordern.
Erst wenn auch Werke einer mittelmäßigen Künstlerin ganz selbstverständlich in Museen hängen, wäre die von Herrn Deecke gefürchtete Quote in greifbarer Nähe gerückt.
Elisabeth Hannover-Drück, Ingrid Löwer, für den Verein „Bremer Frauenmuseum“
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