: London gibt irakische Gelder frei
■ 125 Millionen US-Dollar zum Kauf von Lebensmitteln und Medikamenten/ Gegenleistung für die Freilassung eines im Irak inhaftierten Briten/ UN-Gesandter ruft zur Freigabe weiterer Gelder auf
Bagdad/London/Amman (afp/ wps/taz) — Irakische Guthaben in Höhe von 70 Millionen Pfund — etwa 200 Millionen DM oder 125 Millionen US-Dollar — sollen von der britischen Regierung freigegeben werden, nachdem die irakischen Behörden am Samstag die Freilassung eines seit über fünf Jahren inhaftierten britischen Staatsbürgers verfügten.
Der Ingenieur Ian Richter, der seit Juli 1986 unter Korruptionsvorwürfen im Gefängnis gesessen hat und 1987 zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, kehrte gestern nach Großbritannien zurück, nachdem der UN-Sonderbeauftragte für Irak, Aga Khan, auf einer Pressekonferenz in Bagdad erklärt hatte, Richter sei nun in seiner Obhut.
Das britische Außenministerium erklärte: „Es war immer unsere Politik, eingefrorene irakische Guthaben in diesem Land für humanitäre Zwecke freizugeben, sobald Ian Richter freigelassen worden ist.“ London will nun sicherstellen, daß die freigegebenen Konten nur für humanitäre Zwecke eingesetzt werden. Nach Angaben von Aga Khan hat London außerdem zugesagt, daß irakische Studenten in Großbritannien, die in finanziellen Schwierigkeiten stecken, Zugang zu einem Fonds der irakischen Interessenvertretung bei der jordanischen Botschaft erhalten.
Insgesamt sind auf britischen Konten 430 Millionen Dollar irakischer Gelder eingefroren. Die UNO hatte im Mai dieses Jahres den Ländern, in denen insgesamt 3,7 Milliarden Dollar irakischer Guthaben eingefroren sind, die Freigabe dieser Gelder zum Zweck des Einkaufs dringend benötigter Lebensmittel und Medikamente erlaubt. Bisher hatte lediglich die Schweiz einen solchen Schritt unternommen und Gelder zum Kauf von Weizen freigegeben. Aga Khan äußerte die Hoffnung, daß die britische Entscheidung „der Beginn eines besseren Verständnisses für die Bedürfnisse der irakischen Bevölkerung ist und zur Freigabe weiterer irakischer Guthaben führen wird“.
Aga Khan befindet sich derzeit auf UN-Mission im Irak. Er soll Saddam Hussein zur Annahme einer UN-Resolution bewegen, die die Zahlung von Kriegsreparationen aus Öleinnahmen des Irak vorsieht. Nach der vor einigen Monaten verabschiedeten Resolution soll der Irak Öl im Wert von 1,6 Milliarden Dollar verkaufen dürfen. Der Erlös gelangt zunächst in die Hände der Vereinten Nationen, welche 30 Prozent der Summe als Reparationen einbehält. Das restliche Geld soll dann zum Kauf von Lebensmitteln benutzt werden, welche dann unter UN-Aufsicht an die hungernde Bevölkerung verteilt werden müssen. Bagdad lehnt diese Resolution als Beschränkung der irakischen Souveränität ab und besteht auf seinem Recht, Öl direkt gegen Lebensmittel zu tauschen.
Angriffe auf Kurden
Ankara (ap) — Mindestens 52 kurdische Städte und Dörfer im Norden Iraks sollen kurdischen Angaben zufolge in den letzten Wochen von irakischen Truppen mit schwerer Artillerie beschossen worden sein. Ein Vertreter der „Patriotischen Union Kurdistans“ (PUK) sagte in Ankara, die Bewohner dieser Orte seien an die iranische Grenze geflohen. PUK- Vorsitzender Dschalal Talabani sagte, Bagdad wolle den Westen mit den Angriffen auf die Probe stellen. Er sagte weiter, der Führer der kurdischen PKK-Guerilla in der Türkei werde der türkischen Regierung in den kommenden Tagen einen viermonatigen Waffenstillstand anbieten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen