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Cyrus Vance im umkämpften Osijek

■ Der UNO-Sonderbeauftragte für Jugoslawien versucht die Bedingungen für eine Stationierung von Blauhelmen in Kroatien auszuhandeln/Verhandlungen um Freigabe der blockierten Adriahäfen

Zagreb/Belgrad (taz/afp/ap/dpa) Die jugoslawische Bundesarmee setzte auch in der Nacht zum Dienstag ihre Angriffe auf Osijek im Osten Kroatiens fort. Offenbar ist sie bemüht, die Hauptstadt der auch an Erdöl reichen Kornkammer Ostslawonien noch vor einem möglichen Eintreffen einer UNO-Friedenstruppe einzunehmen. Gegen Mittag verkündete die Armee jedoch eine örtliche Waffenruhe, um dem Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen für Jugoslawien, Cyrus Vance, eine Reise ins Kampfgebiet um Osijek zu ermöglichen. Der Emissär aus New York besuchte zunächst den von Serbien eroberten Ort Dalj am Rand des Schlachtfeldes, wo er mit Vertretern der serbischen Minderheit sowie mit dem Freikorpskommandanten Zeljko Raznjatovic Arkam zusammentraf, der die Ermordung kroatischer Gefangenen angeordnet haben soll. Am Nachmittag traf Cyrus Vance in Osijek selbst ein.

Auch in Westslawonien, in der zum Teil serbisch besiedelten Banija südlich von Zagreb und vor Dubrovnik kam es gestern zu heftigen militärischen Auseinandersetzungen. Doch wird nicht nur geschossen, sondern auch verhandelt. Aus der kroatischen Adriastadt Split berichtet die Nachrichtenagentur Tanjug, die Armee habe sich verpflichtet, bis heute Mittwoch alle blockierten Adriahäfen freizugeben. Im Gegenzug erlauben die Kroaten die Fortsetzung des Rückzugs der Armee aus ihren Stützpunkten in Split.

Unterdessen geht die Auseinandersetzung um die Stationierung einer UNO-Truppe weiter. Während die Serben die Blauhelme zwischen den Fronten, also im Innern Kroatiens haben wollen, will Kroatien ihre Stationierung an den Grenzen zwischen den Republiken. Als Kompromiß könnte sich abzeichnen, daß die UNO-Soldaten in einigen bereits von der Armee besetzten, serbisch besiedelten Gebieten Kroatiens plaziert werden.

Zu den Gesprächen zwischen dem UNO-Sonderbeauftragten Vance, dem serbischen Präsidenten Milosevic und dem jugoslawischen Verteidigungsminister Kadijevic ist nach Augenzeugenberichten auch Radovan Karadzic, der Sprecher der Serben Bosnien-Herzegowinas, hinzugezogen worden. Dies könnte darauf hindeuten, daß mit der Stationierung der Blauhelme in Bosnien begonnen wird. Die von Moslems, Serben und Kroaten besiedelte Republik läuft Gefahr, in den Krieg hineingezogen zu werden, nachdem die Serben dort jüngst — wie in diesem Frühjahr in Kroatien — „autonome Gebiete“ ausgerufen haben, die notfalls den Schutz der Bundesarmee anfordern könnten.

Kucan in Bonn zu Besuch

Bonn (ap) — Helmut Kohl und der slowenische Präsident Milan Kucan haben am Dienstag lang die bevorstehenden Schritte zur internationalen Anerkennung Sloweniens erörtert. Kohl zeigte Bereitschaft, den entscheidenden Schritt noch vor Weihnachten zusammen mit einer größtmöglichen Zahl weiterer Staaten der EG zu tun. Kucan versicherte der Mitteilung zufolge, sein Land garantiere eine dem europäischen Standard entsprechende Regelung der Menschen- und Minderheitenrechte und werde die auf Slowenien entfallenden Verpflichtungen Jugoslawiens erfüllen. Das gelte besonders für die Bezahlung der Auslandsschulden. Am Donnerstag wird der Präsident der ebenfalls nach internationaler Anerkennung strebenden Republik Kroatien, Franjo Tudjman, in Bonn erwartet. thos

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