Ausfahrt »Reichstag« für den Kanzler

■ Das Verkehrskonzept des Senats für den Regierungssitz/ Mehrspurige Straßen, Tunnel und Hubschrauberlandeplätze im Zentralen Bereich

Berlin. Eine Tunnellandschaft unter dem Tiergarten, Hubschrauberlandeplätze in der Innenstadt und ein Transrapidanschluß am Reichstag — so stellt sich der Senat die »verkehrlichen Rahmenbedingungen im Parlamentsbereich« vor. Ein entsprechender Entwurf aus der Verkehrsverwaltung, der der taz vorliegt, droht bald beschlossen zu werden. Von Bürgerbeteiligung und Umweltverträglichkeit war bisher nicht die Rede. Die SPD-Fraktion soll dem Vernehmen nach bereits zugestimmt haben. Weder von dort noch von der Senatsverkehrsverwaltung war eine Stellungnahme zu erhalten.

Im einzelnen plant die Verkehrsverwaltung einen vierspurigen Autotunnel unter dem Tiergarten, der die Kanaluferstraßen mit der Heidestraße verbinden soll. Am Kemperplatz ist eine Zu- und Abfahrt vorgesehen, intern als »Privatabfahrt für den Bundeskanzler« bespöttelt. Die Entlastungstraße soll um zwei Straßenbahnspuren erweitert werden. Die Straßen um den Reichstag sollen nur noch für »Sonderverkehre« des Regierungssitzes vorgesehen sein. Der »übergeordnete Durchgangsverkehr« und der »nicht notwendige Kfz-Verkehr« hingegen sollen aus dem zentralen Bereich mittels »Verkehrslenkung und Pförtneranlagen« ferngehalten werden. Im Parlamentsbereich wird es 1.600 Stellplätze nur für Bundestagsabgeordnete und -bedienstete geben.

Auch in Ost-West-Richtung werden mehrere Trassen ausgebaut. Das Brandenburger Tor soll mit zwei Fahrspuren pro Richtung direkt am Pariser Platz »eng umfahren« werden und dürfte somit zum Mittelpunkt eines tobenden Verkehrskreisels mutieren. Die Leipziger Straße soll auf 36 Meter verbreitert werden. Auch die Achse Tiergarten-, Lenné- und Französische Straße soll zwölf Meter breit werden, zuzüglich des Platzes für parkende Autos. Die Verkehrsverwaltung will außerdem einen Ring über die Kanalufer-, die Skalitzer-, die Warschauer-, die Dimitroff-, die Bernauer- und die Invalidenstraße einrichten. Weiter außen soll der Straßenzug See-, Bornholmer-, Wisbyer-, Storkower-, und Duclos-Straße ausgebaut werden, über die Elsenstraße sollen die Autos bis zur geplanten Autobahnverlängerung Treptow geführt werden.

Weiter plant der Senat einen zentralen Hubschrauberlandeplatz, auf dem pro Tag 50 Starts und Landungen erwartet werden. Sollte das Kanzleramt im Spreebogen entstehen, wird dort ein gesonderter Hubschrauberlandeplatz für den Kanzler angeordnet, auf dem vier der eisernen Vögel zugleich starten können. Weiter soll es einen 15 Meter tiefen Fernbahntunnel zwischen Spree und Landwehrkanal geben. Ein weiterer Tunnel wird für eine zusätzliche Nord-Süd-S-Bahn gegraben. Quer dazu ist an zwei unterirdische U- Bahn-Linien gedacht. Die Bundesregierung plant darüber hinaus, den Reichstag direkt an den Transrapid anzuschließen, eine mehrere hundert Stundenkilometer schnelle Magneteisenbahn, für die eine eigene Trasse quer durch die Stadt erforderlich wäre. Aber auch für den fliegend-eiligen Abgeordneten ist gesorgt: Tegel soll über eine neue S- Bahnstrecke von S-Bahnhof Beusselstraße aus angebunden werden, so daß man vermuten darf, daß der Flughafen so bald nicht geschlossen wird.

Wer dies alles bezahlen soll, steht in den Sternen, denn allein ein Tunnel kostet eine Milliarde Mark. Kommenden Samstag vormittag kann im Kreuzberger Stadttor im Schlesischen Tor auf dem Verkehrsforum über das Senatskonzept diskutiert werden. Eva Schweitzer