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Mauer-Museum soll Investoren weichen

■ Von den Folgen der deutschen Einheit ist selbst das »Haus am Checkpoint Charlie« betroffen/ Großinvestor will hier ein Geschäftszentrum bauen

Kreuzberg. Auf einem kleinen Stück Berliner Mauer ballt eine gemalte Figur, im Stacheldraht gefangen, die Hand zur Faust. Ein paar schwarz-rot-goldene Grenzpfeiler, ein schwarzer Torso, ein großes Holzkreuz, ein Wachturm, das alte graue Häuschen, aus dem früher die Grenzgänger am Checkpoint Charly kontrolliert wurden, und eine menschliche Figur, die ein Mahnmal für den unbekannten politischen Gefangenen darstellen soll, stehen auf einem kleinen, sandbestreuten Grundstück nahe dem ehemaligen Grenzübergang an der Friedrichstraße. Hier hat das angrenzende Mauer-Museum eine Reminiszenz an den Terror der ehemaligen DDR- Grenze errichtet. Aber das Projekt ist nun gefährdet.

Denn auf sämtlichen Grundstücken um den ehemaligen Checkpoint Charlie herum plant der frühere amerikanische Botschafter in Ungarn, Marc Palmer, mit seiner Central European Development Corporation ein »American Business Center«. Auf einer Fläche von knapp 20.000 Quadratmetern sollen Büros, Geschäfte und zu einem Viertel Wohnungen entstehen, mit einer beeindruckenden Bruttogeschoßfläche von fast 100.000 Quadratmetern. Baubeginn sollte noch 1992 sein. Der senatliche »Koordinierungsausschuß für innerstädtische Investitionen« (KOAI) sprach sich schon vor Monaten dafür aus, das Projekt per Ausnahmeparagraph 34 zu genehmigen.

Deshalb wurde das Bezirksamt Mitte vom Finanzsenator aufgefordert, dem Mauer-Museum zum 1.7. 1992 den Nutzungsvertrag für die landeseigene Fläche zu kündigen, um Platz für Palmer zu schaffen. »Das ist eine Gefährdung unserer Arbeit«, empört sich Rainer Hildebrandt, Chef des Mauer-Museums. Auf die Seite des Museums hat sich inzwischen die Berliner CDU gestellt. Zwar begrüße man, so der CDU-Abgeordnete Dieter Biewald, das geplante Business-Center, jedoch müßte es mit etwas gutem Willen möglich sein, auch die Mauer- Gedenkstätte zu erhalten. Schließlich gebe es in der ganzen Innenstadt keine vergleichbare Einrichtung. Biewald forderte die Senatoren Pieroth, Hassemer und Nagel auf, zusammen mit den Investoren eine Möglichkeit zu finden, das Center mit dem Gelände zu verbinden, das ja immerhin ein »Dokument deutsch- amerikanischer Freundschaft« sei.

Auch in der Verwaltung von Finanzsenator Pieroth (CDU) hält man das Mauer-Projekt für erhaltenswert. »Aber wegen eines kleinen Grundstücks darf nicht eine große und notwendige Investition blockiert werden«, so Pieroths Sprecher Steffen Kammradt. Deshalb habe man erst einmal die Kündigung veranlaßt. Man hoffe jedoch, daß der Investor und Hildebrandt eine einvernehmliche Lösung finden, so daß das Museumsgelände, »in welcher Form auch immer«, erhalten bleibt. esch

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