: FDP: Lieber elf als Scherf
■ Große liberale Mehrheit für die Ampel / Schelte für CDU
Bei der FDP ging am Wochenende alles lang und schmerzlos. „Der Parteitag beschließt, den mit den Grünen und der SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag zu unterzeichnen.“ Nach sechseinhalb Stunden stimmten 69 der 75 anwesenden Delegierten diesem Leitantrag des Landesvorstandes zu.
Es sei nicht leicht gewesen, in der Verhandlungskommission Kompromisse herauszuarbeiten, hatte der FDP-Fraktionsvorsitzende Claus Jäger den Delegierten zuvor erzählt. Manchmal hätten die Mitglieder „bis an den Rand des Nervenzusammenbruchs“ gestritten. Schließlich hätte sich die FDP aber mit der Tatsache getröstet, daß jede im Koalitionspapier vorgesehne Lösung „erst noch durch das Nadelöhr des Haushaltes“ hindurchmüsse.
Was die Delegierten im Verlauf der Diskussion am meisten störte, war das 11. und neue Senatsressort. Vor allem die Bremerhavener Liberalen mokierten, daß sie schlecht für die Bremerhavener Stadtverordneten- Versammlung Sparsamkeit predigen könnten, wenn sie einer Aufstockung der Verwaltung in Bremen hinnähmen.
Dem widersprach auch im wesentlichen Claus Jäger nicht. Er habe es auch nicht gerne gesehen, „daß da ein läppisches Ressort für Frau Trüpel gestrickt“ wurde aus „Kultur und etwas Nettem dazu“. Tatsächlich sei das 11. Ressort aber ein internes Problem der SPD gewesen, die sich an ihre Regionalproporze und Frauenquoten hätte halten müssen.
„Stellen Sie sich das einmal vor: In der Freitag Nacht, als die SPD ihre Personaldebatte führte, war sogar Uwe Beckmeyer für zwei Stunden Finanzsenator“, klärte Jäger die Delegierten auf. Wenn die Koaltionäre dem 11. Ressort nicht zugestimmt hätten, wäre womöglich Henning Scherf noch Finanzsenator geworden: „Lieber elf als Scherf“, hätten sie sich gedacht und der Aufstockung zugestimmt.
„Wir wollen das 11. Ressort nicht“, erklärte auch der Landesvorsitzende Manfred Richter, „aber wir dürfen nicht zulassen, daß die Koalitionsvereinbarungen an diesem Punkt scheitern.“
Trotzdem gab es einen Ergänzungsantrag zum Leitantrag des Landesvorstandes, der von den Delegierten mit verabschiedet wurde. Darin fordert die FDP, daß trotz eines weiteren Senatsressorts die Verwaltungskosten steigen dürfen.
Schwere Kritik übten Jäger und Richter noch einmal an der CDU. Claus Jäger warf dem CDU-Spitzenkandidaten Ulrich Nölle vor, nach der Wahl „wie Häschen in der Grube“ darauf gewartet zu haben, „unter Wedemeier Bürgermeister werden“ zu wollen. Manfred Richter warf den Christdemokraten vor, sich einem Oppositionsbündnis aus FDP, Grünen und FDP verschlossen zu haben.
mad
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