piwik no script img

Dem Land Berlin droht eine »Lex Bonn«

■ Bundesregierung plant Änderung des Baugesetzbuches: Danach sollen bei Regierungs- und Parlamentsbauten vorrangig Interessen des Bundes berücksichtigt werden/ Bund könnte Berliner städtebauliche Entscheidungen durch eigene ersetzen

Berlin. Die »Lex Bonn« kommt: Die Bundesregierung will eine Änderung des Baugesetzbuches. Bei der Bauleitplanung in Berlin sollen künftig die Belange der Verfassungsorgane — also von Parlament und Regierung — »vorrangig« berücksichtigt werden. Das bestätigte der Sprecher des Bundesbauministeriums Dr. Scholl gegenüber der taz. »Wir wollen einen Mindesteinfluß haben, wo und was wir bauen«, sagte er. Das hieße, daß zwar künftig der Senat bei Bauvorhaben der Bundesregierung wie bisher einen Bebauungsplan aufstellen darf. Was darin aber festgesetzt wird — etwa was die Höhe und Größe von Ministerien und Bürogebäuden oder die Anzahl der Stellplätze angeht — entscheidet dann nicht mehr der Senat nach Abwägung sämtlicher Interessen, sondern der Bund praktisch alleine. Die Bundesregierung könnte sich dann sogar über die gesetzlich vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung hinwegsetzen.

Auf entsprechend wenig Gegenliebe stößt dieser Wunsch des Bundes deshalb beim Berliner Senat. »Wenn das in Kraft treten würde, dann wäre der Bund der bestimmende Faktor. Wir würden die Planung aber lieber partnerschaftlich bewältigen«, sagte der Staatssekretär des Bausenators Frank Bielka (SPD). Das sei auch die Linie des Regierenden Bürgermeisters. Von dort war gestern keine Stellungnahme zu erhalten.

Bei der Senatsbauverwaltung verweist man weiter darauf, daß die Belange des Bundes nach der heutigen Rechtslage ohnehin schon besonderes Gewicht haben. Diese Rechte noch zu stärken sei überflüssig. Denn dann könne der Bund die städtebaulichen Entscheidungen des Senats durch seine eigenen ersetzen. Ein Testfall wird der Spreebogen werden, wo der Bund Bürobauten für Abgeordnete plant: Hier wird der Senat auf alle Fälle einen Bebauungsplan aufstellen.

Der Bund hingegen pocht auf sein Recht. »Wir wollen schnell planen und bauen, was ja auch im Interesse Berlins ist, deshalb ist es nötig, daß wir Vorrang haben«, meint Ministeriumssprecher Scholl. »Da müssen ökologische Maßnahmen auch einmal zurückstehen.« Scholl rechnet damit, daß die Gesetzesänderung oder aber ein entsprechender Vertrag zwischen Bonn und Berlin noch in diesem Jahr in Kraft treten wird. Einen großen Dissens mit Berlin will er übrigens nicht bemerkt haben.

Die Wünsche des Bauministeriums gingen ursprünglich noch weiter: Bis vor einigen Wochen hatte die Bundesregierung ernsthaft erwogen, schlicht die gesamte Planungshoheit für alle Parlaments- und Regierungsbauten in Berlin zu verlangen, was der Senat jedoch zurückwies. Einig sind sich Senat und Bund darin, die Planungshoheit für Regierungsbauten den Bezirken wegzunehmen. Davon sind vor allem Tiergarten und Mitte betroffen.

Wie weiter aus Bonn zu hören war, sei man mit der Berliner Qualität der Planung generell unzufrieden. Die Verhandlungspartner seien jeden Tag andere, hieß es. Mal bekomme man vom Bausenator ein Grundstück angeboten und erfahre dann aus der Zeitung, daß es der Stadtentwicklungssenator bereits an Sony verkauft habe. Dann wieder biete der Stadtentwicklungssenator ein Grundstück an und man lese einen Tag später, daß der Verkehrssenator just dort eine Tunneleinfahrt plane. Um die mangelnde Kommunikation zu verbessern und Pannen solcher Art zu vermeiden, fordert die Bundesregierung möglichst rasch die Bildung eines gemeinsamen Ausschusses »Bundeshauptstadt«. Eva Schweitzer

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen