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UNO-Beobachter unter Beschuß

■ Zur Bewältigung der Probleme der Übergangsphase bis zum Frieden hat sich das UNO- Kontingent in El Salvador schon vor dem Waffenstillstand als unentbehrlich erwiesen

In der Übergangsphase vom Krieg zum dauerhaften Frieden, von staatlicher Willkür und systematischen Verletzungen der Menschenrechte zum Rechtsstaat, von der Konfrontation zweier ebenbürtiger Armeen zur Säuberung und Reduzierung der Regierungstruppen und zur Eingliederung der Rebellen ins zivile Leben, sind es die Vereinten Nationen, die eine unentbehrliche Rolle spielen werden — und zwar mit mehr direkter Beteiligung als bisher sonstwo auf der Welt. Schon jetzt, seit dem 26. Juli 1991, sind UNO-Beobachter, bekannt unter dem Kürzel ONUSAL, in allen Landesteilen unterwegs. Und das sehr zum Mißfallen vieler Militärs und staatlicher Funktionäre, deren Arbeit durch die Präsenz der ausländischen Beobachter in Frage gestellt wird.

Mit Beginn des Waffenstillstandes wird auch das Mandat der UNO erweitert werden. Bis dahin sind die internationalen Beobachter ausschließlich für die Überwachung eines Abkommens über Menschenrechte zuständig, das im Juli 1990 in Costa Rica ausgehandelt worden ist. Die Mission ist bisher einzigartig, nicht nur weil UNO-Kontingente erstmals vor einem formalen Waffenstillstand eingesetzt werden, sondern auch weil zum ersten Mal seit Beginn des Konflikts ausländische Beobachter freien Zugang zu allen Landesteilen haben. 130 Delegierte aus 29 Ländern befanden sich zum Jahreswechsel im Einsatz. Tagtäglich schwärmen von sechs Regionalbüros die ONUSAL-Jeeps in alle Kriegszonen aus.

Die Menschenrechtsexperten von ONUSAL nehmen ihre Aufgabe mehrheitlich sehr ernst: Sie suchen sowohl die Militärbasen als auch die Guerillalager in den Bergen auf, um den Konfliktparteien die Einhaltung der Menschenrechte ans Herz zu legen. Auch kümmern sie sich um die Rechte politischer Gefangener und schalten sich in gerichtsmedizinische Untersuchungen von Opfern der Repression ein. Die Leute in den weißen Geländewagen werden auch zunehmend von der Zivilbevölkerung angesprochen. Mario Zamorano, der Sprecher von ONUSAL, hat feststellen können, daß sich die bei ihnen einlaufenden Meldungen von Menschenrechtsverletzungen mehren: „Die Bevölkerung faßt langsam Vertrauen.“ Gleichzeitig zeige die Kurve der insgesamt nachgewiesenen Fälle nach unten. Allein die Anwesenheit der Beobachter wirke sich positiv aus. Was diese Statistiken wert sind, weiß keiner, denn aus mehreren Dörfern ist bekannt, daß die Soldaten den Bauern mit Repressalien gedroht hätten, sollten sie es wagen, sich bei den Ausländern zu beschweren. Und Gefangene wurden nach Interviews mit ONUSAL über den Verlauf der Gespräche verhört. Wiederholt ist es auch vorgekommen, daß Armee-Einheiten die ONUSAL-Jeeps verfolgten, um die Guerilleros aufzuspüren.

Obwohl auch immer wieder Übergriffe der FMLN wie Exekutionen von Spitzeln und Drohungen gegen lokale Funktionäre gemeldet werden, richten sich fast 70 Prozent aller Klagen gegen Regierungskräfte oder paramilitärische Gruppen, die den Schutz der Armee genießen. Die Extremisten in Oligarchie und Armee, die ihr Gewaltmonopol bedroht sehen, schlugen noch Alarm, bevor die Beobachtermission im Lande war. Was die UNO-Leute mehr beunruhigte als das rabiate Geifern dieser extremistischen Gruppen waren ähnliche Stimmen aus dem Regierungslager. Den UNO-Vertretern wurde vorgeworfen, ihre Nase in Regierungsangelegenheiten zu stecken, statt die Sabotageaktionen der FMLN zu denunzieren. Selbst Staatschef Cristiani, der seiner Verhandlungsdelegation schließlich das grüne Licht für die Schaffung von ONUSAL gegeben hat, übte wiederholt öffentlich Kritik an der Arbeit der Menschenrechtsbeobachter.

Trotz ihres klaren Mandats ist die Mission bemüht, die Regierung um keinen Preis zu verärgern. So legte sie ihren zweiten Bericht der Regierung — nicht aber der FMLN — zur Revision vor, bevor die offizielle Fassung veröffentlicht wurde. Dieses Dokument vom 15. November 1991 ist Ausdruck falsch verstandener Ausgewogenheit: Denn obwohl die Klagen über Menschenrechtsverletzungen durch Regierungskräfte und FMLN etwa im Verhältnis 7:1 stehen, geht der Bericht auf mehr Verstöße der FMLN ein. Aus dem Regionalbüro San Miguel, in dessen Zuständigkeitsbereich die Armee die Zivilbevölkerung ständig verfolgt, erscheint im Bericht kein einziger Fall, während mehr als die Hälfte der aufgezählten Verstöße, die der FMLN angelastet werden, aus dem genannten Regionalbüro kommen. Gegen den Chef des Regionalbüros von San Miguel, einen Exilvietnamesen namens Nguyen Dong, häufen sich die Klagen. Menschenrechtsgruppen und Rechtshilfebüros stellen seine Unparteilichkeit in Frage. FMLN-Informanten wollen sogar von engen Kontakten des Funktionärs mit den regionalen Militärkommandanten wissen. Doch letzten Endes kann sich keiner vorstellen, wie die gefährliche Übergangszeit ohne internationale Präsenz bewältigt werden kann.

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