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Appell zu Steuerboykott

■ Parlament radikaler britischer Moslems tagte in London

Belfast (taz) — Das islamische Parlament in Großbritannien hat bei seiner Eröffnungssitzung am Wochenende zum zivilen Ungehorsam aufgerufen. Die Delegierten beschlossen in London einstimmig, in Zukunft Gesetze zu mißachten, falls diese ihren Interessen zuwiderlaufen sollten. Der 60jährige Parlamentsvorsitzende Kalim Siddiqui sagte, der Beschluß beziehe sich vor allem auf den Bildungsbereich, könne jedoch auf andere Bereiche ausgedehnt werden.

Die radikalen Moslems beschuldigen das britische Innenministerium der Diskriminierung und Ungerechtigkeit, da es bisher die Anerkennung islamischer Schulen verweigert habe. „Es gibt katholische, protestantische und jüdische Schulen in Großbritannien“, sagte Siddiqui. „Uns werden die Subventionen jedoch verweigert. Bei diesem Thema reißt uns langsam der Geduldsfaden.“ Er kündigte an, daß die Moslems in Zukunft einen Teil der Steuern einbehalten werden: „Millionen Menschen in diesem Land haben auch keine Kopfsteuer bezahlt. Das waren keine Kriminellen.“

Angela Rumbold, Staatssekretärin im Innenministerium, begründete die Haltung der Regierung damit, daß islamische Schulen die Anforderungen des Curriculums nicht erfüllen würden: „Verschiedene Unterrichtseinheiten, die im Curriculum vorgesehen sind, werden von Moslems nicht unbedingt akzeptiert. Wir sind den Steuerzahlern gegenüber jedoch verpflichtet, ihnen für ihr Geld genau dasselbe Niveau in einer konfessionellen Schule wie in einer staatlichen Schule zu bieten.“

Siddiqui, der Initiator des Parlaments, machte sich 1988 zum Wortführer der radikalen Moslems, die den Mordaufruf gegen den Schriftsteller Salman Rushdie befürworten. Gemäßigte Moslems sprechen dem Parlament die Existenzberechtigung ab. Hesham el-Essawy, der Vorsitzende der „Islamischen Gesellschaft für die Förderung religiöser Toleranz“, beschuldigte Siddiqui, ihm komme es lediglich auf ein medienwirksames Spektakel an. Mohammad Riaz, der für die Torys bei den nächsten Parlamentswahlen in Bradford — der Stadt mit dem höchsten Anteil an Moslems in Großbritannien — kandidieren wird, forderte seine Glaubensgenossen auf, das Parlament zu ignorieren: „Diese selbsternannten Parlamentarier mit ihren naiven Ansichten isolieren und marginalisieren auch die gesamte gesetzestreue moslemische Bevölkerung.“ Ralf Sotscheck

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