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Asyl: Schröder kritisiert die SPD-Entscheidung

Ministerpräsident weiter gegen Asyl-„Kompromiß“  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Im Vorfeld zur gestrigen Bonner Altparteien-Runde zum Asylverfahren hat der niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder in einem persönlichen Schreiben an den Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Hans-Ulrich Klose, „Vernunft“ in der Asyldebatte und die „Einhaltung rechtsstaatlicher Regeln“ angemahnt. Im Detail kritisiert das elfseitige Schreiben den Gesetzentwurf von Bundesinnenminister Seiters zur Neuregelung des Asylverfahrens, der von der Bundestags-SPD als Grundlage für ein gemeinsames Asylgesetz der Altparteien akzeptiert worden ist und über den am gestrigen Abend noch einmal debattiert wurde.

In dem Brief wiederholt der niedersächsische Ministerpräsident den Vorwurf, daß der Gesetzentwurf dem im vergangenen Herbst von den vier Parteien ausgehandelten Kompromiß zur Beschleunigung der Asylverfahren eklatant widerspricht. Ziel des Kompromisses sei „eine Beschleunigung der Verfahren bei Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze“ gewesen. „Beiden Anliegen widerspricht der vom Bundesinnenminister vorgelegte Gesetzentwurf gründlich“, heißt es in dem Brief. Unter anderem erhebt der Ministerpräsident „verfassungsrechtliche Bedenken“ gegen die im Seiters- Entwurf vorgesehenen neuen Sonderregelungen im gerichtlichen Asylverfahren. Diese Regelungen hätten schwerwiegende Einschränkungen des Rechtsschutzes zur Folge. Schröder wendet sich auch gegen die zahlreichen zusätzlichen Gründe, die der Seiters-Entwurf für die Inhaftierung von Flüchtlingen einführt. Der Gesetzentwurf setzte den Asylbewerber vermehrter Anwendung unmittelbaren Zwanges aus, reglementiere sein Verhalten, obwohl dies zur Beschleunigung des Verfahrens nicht erforderlich sei.

Deutliche Kritik übt Schröder in seinem Schreiben an Klose auch an dem Alleingang, mit dem die Bundes-SPD den Seiters-Entwurf als Grundlage für das geplante Vier- Parteien-Asylgesetz akzeptierte. Der Ministerpräsident fordert abschließend die Bundestagsfraktion auf, „über die Frage, ob der Entwurf des Bundesinnenministers trotz seiner gravierenden Mängel tatsächlich gemeinsam eingebracht werden soll, noch einmal nachzudenken“. Sehr dankbar wäre Schröder, wenn ansonsten „tatsächlich eine Abstimmung mit den SPD-regierten Ländern erfolgen würde“.

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