GASTKOMMENTAR: Letzter Schritt vor der Intervention?
■ Das Waffenembargo des UN-Sicherheitsrats gegen Somalia
Zerstörte Städte, mehrere Millionen Obdachlose und allein in den letzten beiden Monaten über 20.000 Kriegstote. Die Resolution 733 des UN-Sicherheitsrates, am Donnerstag einstimmig verabschiedet und ab sofort in Kraft, war überfällig. Sie verhängt, nach dem Scheitern internationaler Vermittlunsgversuche, ein Waffenembargo über ein Land, das es nicht mehr gibt. Seit es Anfang letzten Jahres gelang, die 21jährige Gewaltherrschaft Siad Barres zu beenden, ist Somalia zerfallen. Während sich im Norden die Republik Somaliland in den Grenzen des ehemaligen Britisch- Somaliland um internationale Anerkennung und den Aufbau staatlicher Strukturen bemüht, dauern im Süden, ehemals Italienisch-Somaliland, die kriegerischen Auseinandersetzungen an. Eine Verhandlungslösung scheint nicht in Sicht.
Wenn jetzt Exil-Somalis und afrikanische Staaten die UNO unter ihrem neuen Generalsekretär — einem Afrikaner — zum Handeln drängen, dann auch deshalb, weil nach dem Ende des Ost-West- Konflikts deutlich wird, daß europäische Vorstellungen von territorialstaatlicher Souveränität in afrikanischen Staatsnationen an ihre gesellschaftlichen Grenzen stoßen. Wie schon im benachbarten Äthiopien, so zeigt sich jetzt auch in Somalia, daß der antikoloniale Versuch des Nation Building ethnische oder Clan-Identitäten verletzt und einen hohen Preis fordert. Die Industrieländer sind in der Verantwortung: sie haben, die Bundesrepublik eingeschlossen, die Waffen geliefert, mit denen lokale Protagonisten jetzt kämpfen. Insofern ist es auch eine Art Wiedergutmachung, wenn sich das Bundesverteidigungsministerium entschlossen hat, gepanzerte Minenräumfahrzeuge in die Republik Somaliland zu schicken.
Wichtiger aber erscheint es, ob es gelingen kann, das jetzt verhängte Waffenembargo durchzusetzen. Wenn es mehr sein soll als eine internationale Geste, muß es vor allem darauf zielen, den von Parteigängern Siad Barres in Kenia organisierten Waffen- und Munitionsnachschub zu unterbinden. Die UNO hat die Aufstockung von Nahrungsmittel- und anderer Hilfe in Aussicht gestellt, aber von einem Waffenstillstand abhängig gemacht. Sollte er nicht zustande kommen, drängen somalische Exilkreise im Interesse der darbenden Bevölkerung auf eine militärische Intervention der Vereinten Nationen. So problematisch dies angesichts der kolonialen Vergangenheit erscheinen mag: Können verfeindete Militärs und Clanführer das Recht auf Nichteinmischung in Anspruch nehmen, wenn sie ihre Diadochenkämpfe auf dem Rücken der Bevölkerung führen? Stefan Brüne
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