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„Wasser ist ein Wirtschaftsgut“

Die Internationale Wasserkonferenz in Dublin weist auf das Konfliktpotential der Wasserknappheit hin/ Teures Trinkwasser aus Entsalzungsanlagen nach Erschöpfung der Vorräte/ Frauen im Mittelpunkt von Aufklärungskampagnen  ■ Aus Dublin Ralf Sotscheck

„Wasser ist ein Wirtschaftsgut.“ Darauf verständigten sich 500 Delegierte aus 113 Ländern auf der Internationalen Wasserkonferenz in Dublin, die am Freitag zuende ging. Auf Druck der Drittweltländer wurde zwar betont, daß der Zugang zu sauberem Wasser ein Grundrecht sei, doch schränkten die Anwesenden dies in ihrer Abschlußerklärung sogleich wieder ein: „Zu einem erschwinglichen Preis.“

Für den industrialisierten Norden, wo im allgemeinen kein Mangel an Süßwasser herrscht, ist das durchaus logisch: Nur wenn Wasser bezahlt werden muß, können Verschwendung und Verschmutzung eingeschränkt werden. Dieser Marktmechanismus ist freilich problematisch, da Wasser nicht einfach transportiert werden kann. Für nordafrikanische Länder ist der Wassermangel heute schon dramatisch. „Von Mauretanien bis Libyen sitzen alle im gleichen Boot“, sagte Ameur Horchani, tunesischer Staatssekretär für Wasserreserven. Doch das Boot sitzt auf dem Trockenen.

Während für jeden Menschen fünf bis zehntausend Kubikmeter Wasser pro Jahr nötig sind, stehen in Nordafrika nur 690 Kubikmeter zur Verfügung. Selbst in Tunesien, das den Vorteil eines geringen Bevölkerungswachstums hat, werden die Wasservorräte in 25 Jahren zur Neige gehen. Dann wird man nicht darum herumkommen, Trinkwasser aus Salzwasser zu gewinnen. Allerdings kostet ein Kubikmeter entsalzten Wassers rund einen Dollar. Achtzig Prozent der Krankheiten und ein Drittel aller Todesfälle in der Dritten Welt sind auf den Mangel oder die Verseuchung des Trinkwassers zurückzuführen. So stellte eine Delegierte aus Mali fest, daß die Anerkennung des Wassers als Wirtschaftsgut „eine Schlinge um unseren Hals“ sei. Man befürchtet nicht ohne Grund, daß die UNO die Dubliner Erklärung dazu mißbrauchen könnte, Kredite von der Abschaffung staatlicher Wassersubventionen abhängig zu machen, wie es bereits bei den Grundnahrungsmitteln geschehen ist.

Neben der Feststellung, daß Wasser „ein begrenztes und gefährdetes Gut“ sei, schreibt die Dubliner Erklärung Frauen eine wesentliche Rolle bei der Versorgung mit Trinkwasser zu. Dabei geht es vor allem um Aufklärungs- und Schulungskampagnen. An den Entscheidungen über die Wasserversorgung sollen Verbraucher, Planer und Politiker auf allen Ebenen beteiligt werden. Dadurch will man eine effiziente Nutzung gewährleisten — vor allem in der Landwirtschaft, wo 85 Prozent des Wassers in der Dritten Welt enden, aber zum großen Teil nutzlos versickern.

Der Nord-Süd-Konflikt blieb in Dublin dennoch aus, da es hauptsächlich um ethische Prinzipien ging. Kosten und konkrete Umsetzung der Vorschläge sollen auf einer weiteren Vorkonferenz im März in New York zur Sprache kommen. Beide Konferenzen bilden die Grundlage für den Welt-Umweltgipfel (UNCED) im Juni in Rio de Janeiro. Auf das Konfliktpotential, das die Wasserknappheit bei steigenden Bevölkerungszahlen in sich birgt, wurde jedoch auch in Dublin hingewiesen. Die Delegierten forderten internationale Verträge, in denen die Nutzung von Süßwasserreserven, die sich über mehrere Länder erstrecken, festgelegt werden soll. Bereits vor dem Zerfall der Sowjetunion und Jugoslawiens gab es weltweit 23 Gewässer, die von mehr als drei Staaten genutzt werden.

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