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Abgeschobene Haitianer gefoltert

■ UNO-Berichte über Menschenrechtsverletzungen an deportierten Boat people/ Das US-Außenministerium will erst einmal prüfen, die Flüchtlingsanwälte ziehen wieder vor Gericht

Washington/Port-au-Prince (wps/ taz) — Die US-Regierung muß sich im Fall der haitianischen Boat people Verletzung des Völkerrechts vorwerfen lassen. Wie am Sonntag der Vorsitzende des „Lawyers Committee on Human Rights“, Arthur Helton, erklärte, sind mehrere Flüchtlinge nach ihrer Abschiebung in die Heimat gefoltert worden. Einige sind inzwischen spurlos verschwunden. Entsprechende Aussagen und Berichte haben Vertreter der UNO und der amerikanischen Einwanderungsbehörde INS nach Gesprächen mit Boat people zu Protokoll genommen. Die meisten von ihnen waren bereits zum zweiten Mal aus Haiti geflohen, von der US-Küstenwache abgefangen und auf dem US-Navy- Stützpunkt Guantanamo Bay in Kuba festgesetzt worden.

Auf eine mögliche Bedrohung der Flüchtlinge hatten sowohl die UN- Flüchtlingskommissarin Sadako Ogate, als auch amnesty international sowie mehrere US-Menschenrechtsorganisationen hingewiesen. Die Genfer Flüchtlingskonvention verbietet ausdrücklich die Abschiebung von Personen, denen im Heimatland Gefahr für Leib und Leben droht. Nicht nur die UN-Vertreter, auch die Einwanderungsbehörde hält die Aussagen der „Doppelflüchtlinge“ offenbar für glaubwürdig. Die Boat people sollen nun zur weiteren Anhörung nach Miami gebracht werden.

Das US-Außenministerium behielt sich vor, die Foltervorwürfe zu prüfen, und befindet sich nun in einer etwas prekären Situation. Noch am letzten Donnerstag hatte Außenminister Baker vor dem außenpolitischen Ausschuß des Repräsentantenhauses steif und fest behauptet, es gebe keinen einzigen dokumentierten Fall, „in dem ein repatriierter Haitianer zum Ziel von Verfolgung durch das Regime wurde“. Jetzt werden in den USA kritische Stimmen laut, die fragen, wie sich das Außenministerium da so sicher sein kann. Der US-Botschafter wurde vor kurzem aus Port- au-Prince just mit jener Begründung nach Hause geholt, die die Einwanderungsbehörde und die US-Regierung bei den meisten Flüchtlingen nicht gelten lassen wollen: daß in Haiti politisch motivierte Gewalt gegen Oppositionelle und die Bevölkerung ausgeübt wird. Von den verbliebenen Botschaftsangehörigen sind nach Berichten der 'Washington Post‘ nur sechs überhaupt befugt, die Behandlung der abgeschobenen Flüchtlinge durch die haitianischen Behörden zu überprüfen. Zumal die Beamten dies auch nicht als ihre primäre Aufgabe ansehen. „Wir sind keine Menschenrechtsorganisation“, erklärte ein Diplomat. „Hier geht es um ein paar tausend Leute, die übers ganze Land verteilt sind. Da können wir nicht jeden fragen, ob er noch am Leben ist.“

Anwälte von Flüchtlingsorganisationen fühlen sich nun auf bittere Weise bestätigt und wollen jenen Abschiebestopp herbeizwingen, der am 31. Januer vom Obersten Gerichtshof aufgehoben worden war. Damals hatten die US-Behörden auf Kuba sofort begonnen, die Flüchtlinge nach Haiti zurückzubringen. Seit Anfang Februar sind über 2.000 Boat people abgeschoben worden.

Von den bislang 10.000 haitianischen Flüchtlingen, die von der US- Küstenwache seit dem Sturz des demokratisch gewählten Präsidenten Aristide am 30. September 1991 aufgegriffen und in einem Zeltlager auf Guantanamo Bay untergebracht wurden, haben 3.400 die Genehmigung erhalten, politisches Asyl zu beantragen. Ein Kongreßausschuß hatte sich kürzlich für einen Abschiebestopp ausgesprochen. anb

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