: Gysi dementiert Stasi-Lob
Zuverlässige Zusammenarbeit und hohe Einsatzbereitschaft sollen Übertreibungen der „Firma“ sein ■ Von Wolfgang Gast
Berlin (taz) — PDS-Chef Gregor Gysi hat die Meldung, er sei von der Stasi für seine Arbeit gelobt worden, ins Reich der Fabeln verwiesen. Der Rechtsanwalt, der von den BürgerrechtlerInnen der Ex-DDR beschuldigt wird, der Stasi in den achtziger Jahren als Informant gedient zu haben, dementierte gestern einen Bericht der 'Berliner Zeitung‘. Unter Berufung auf einen schriftlichen „Vorschlag zur Werbung“ des Stasi- Majors Günter Lohr vom 27.11. 1980 hatte das Blatt berichtet, das SED-Mitglied Gysi werde als „klassenbewußter ehrlicher Genosse eingeschätzt“ — er habe „in der bisherigen Zusammenarbeit Zuverlässigkeit und eine hohe Einsatzbereitschaft“ bewiesen.
Bereits am Montag hatte das Fernsehmagazin Kontraste aus einem „Maßnahmeplan“ der Stasi zitiert. Anläßlich des 70. Geburtstages des prominenten Regimekritikers Robert Havemann wurde 1980 darin „vorgeschlagen, daß Rechtsanwalt Gregor Gysi eine Aussprache mit Havemann dazu durchführt“. Grund: Die Westpresse sollte bei der Feier ausgeschlossen werden. Die Autoren des Beitrages hätten beispielsweise unterschlagen, daß er ihnen selbst seine Stasi-Akten zur Verfügung gestellt hätte, erklärte Gysi gestern. Und weil sie die Unterlagen offensichtlich „selektiv“ weitergereicht hätten, macht Gysi die Fernsehleute auch für den Bericht in der 'Berliner Zeitung‘ verantwortlich.
Gysi sagte, er sei im Besitz einer eidesstattlichen Erklärung, in der ihm der Verfasser versichere, er habe lediglich einen Werbungsvorschlag erarbeitet, „in dem ich Ihre Eignung als IM aus meiner subjektiven Sicht versucht habe so zu begründen, daß dieser Vorschlag von meinen Vorgesetzten bestätigt wird“. Ohne die Falschmeldungen, Gysi hätte bereits Informationen geliefert und sei zur Konspiration mit dem MfS bereit, hätte er seinen Vorschlag „gar nicht erst zu unterbreiten brauchen“. Der Antrag sei aber, trotz der „damaligen Übertreibungen“, abgelehnt worden — unter anderem weil Gysi „die anwaltliche Schweigepflicht keinesfalls verletzen“ wollte.
Erwähnt wird Gysis „hohe Einsatzbereitschaft“ im Zusammenhang mit seiner Anwaltstätigkeit für die Dissidenten Rudolf Bahro und Robert Havemann. Gysi habe „unter strenger Einhaltung der Konspiration über geplante Aktivitäten, über das weitere Vorgehen von Verbindungspersonen, Ziele und Absichten“ berichtet. Auch dies sind „Übertreibungen“ des Stasi-Mannes, wie PDS-Parteisprecher Harnisch gestern erklärte. Gysi habe „nie einem Mitarbeiter des MfS aus seinen Prozessen berichtet“.
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