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Treffpunkt der Heilsarmee in Prenzlauer Berg

Berlin. Der Sozialstadtrat von Prenzlauer Berg, Reinhard Kraetzer (SPD), freut sich über das ganze Gesicht. Endlich, so sagt er, gibt es in Ost-Berlin wieder die »netten Menschen von der Heilsarmee«. Auch Frau Stahmer freut sich. »Ich bin froh«, sagt die Sozialsenatorin, »mit dabei zu sein, wenn die Heilsarmee ein Café eröffnet, daß einen ganz besonderen und einmaligen Charakter haben wird.« Die Rede ist vom »Café Treffpunkt«, gestern eingeweiht in der Kuglerstraße 11.

Es ist der zweite Versuch der »Armee Gottes«, mit Seife, Erbsensuppe und frommen Liedern Fuß zu fassen in Prenzlauer Berg. Der erste Anlauf ging schief. Das vor einem Jahr gegründete Café gleichen Namens in der Naugarder Straße mußte wegen ungeklärter Eigentumsverhältnisse geschlossen werden. Der zweite Versuch steht jetzt auf soliden Füßen. Der Mietvertrag läuft auf fünf Jahre, eine Verlängerungsoption besteht. Für den aufwendigen Umbau steuerte der Sozialsenat 45.000 Mark zu, eine kontinuierliche Unterstützung ist zugesagt. Der Stadtrat und die Sozialsenatorin setzten große Hoffnungen in das christliche Projekt. Menschen, die auf der Straße leben, sollen hier wieder die Möglichkeit erhalten, mit der Nachbarschaft Kontakt aufzunehmen, Alleinstehende bei Café, Plätzchen und Spielen ihre Isolation überwinden, Alkoholiker von der Flasche entwöhnt werden. Die sozialen Probleme in Prenzlauer Berg seien groß, sagt der Sozialstadtrat, 22,4 Prozent der Bevölkerung leben von der Sozialhilfe. Die Heilsarmee wird dies leider nicht ändern können, meint der Berliner Divisionschef Rolf Metzger, aber wenigstens vielen Gestrauchelten und Einsamen Halt und Rat geben können.

Die Voraussetzungen dafür stehen gut. Die Leiter des Cafés, Angie und Sigi Fischer, haben solide Erfahrungen mit der integrativen Stadtteil- und Nachbarschaftsarbeit gesammelt. Dogmatische Bekehrer sind die beiden nicht, sondern lebenslustige und gescheite Menschen, die genau wissen, daß man einen hungrigen Magen nicht mit Bibeltraktaten füllen kann. Und sie lieben ihre Arbeit, rennen für ihre Schützlinge nach Wohnberechtigungsscheinen, bemühen auch schon mal befreundete Rechtsanwälte. Ein Programm für das täglich geöffnete Café haben sie sich ausgedacht. Einmal pro Woche werden sie einen Film zeigen, ein Diskussionskreis wird eingerichtet, ein spezieller Seniorennachmittag organisiert. aku

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