piwik no script img

Kolosse in Zeitlupe

■ „Wunderbare Welt“, So. ZDF 19.30 Uhr

Können Sie sich Hanns Joachim Friedrichs mit Tropenhelm, Moskitonetz und kurzer Hose im afrikanischen Dschungel vorstellen? Zugegeben: Das fällt schwer. Und es wäre auch unnötig, denn der Liebling der deutschen Fernsehgemeinde reist im Rahmen seiner neuen ZDF- Dokumentarreihe Wunderbare Welt nur mit dem Finger auf der Landkarte kreuz und quer durch dieselbe. Er moderiert und kommentiert die Kamerabilder von 18 Weltreisen — aus dem sicheren Studio. Zum Auftakt besuchte er Botswana. Es war ein Auftakt nach Maß, eine frühe 1:0-Führung sozusagen, die uns der Ex-Tagesthemen-Mann bescherte.

Ein vergessener Fluß war das Ziel der ersten Reise: der Linyanti im Norden von Botswana. Gemeinsam mit Hajo haben sich Millionen andere aufgemacht: einige tausend Elefanten, einige hunderttausend Blutschnabelweber, die Flußpferd- Mama (alleinerziehend) mit ihrem Jungen und diverses andere Getier. Sie alle sind auf der Flucht. Die über Jahre anhaltende Dürre hat sie an die rettenden Ufer des Flusses getrieben, dessen Wälder sie allmählich leerfressen und niedertrampeln bis endlich, endlich nach sieben trockenen Jahren der große Regen kommt.

Kameramann Dereck Joubert brachte uns Bilder von märchenhafter Schönheit aus der Wildnis von Botswana in die Wohnstube. Afrika pur in seiner ganzen bedrohten Schönheit. Und Afrika in Zeitlupe: Flußpferde beim kolossalen Revierkampf, Seeadler beim Fischfang, Elefanten im Querfeldein-Rennen. Das ist ästhetischer als dreifacher Rittberger, kraftvoller als Alberto Tomba, eleganter als Tichonows Eishockey-Sputniks. Tobende Affenherden wirbeln Staub auf, Krokodil-Babies werden von Mama im großen Maul gebunkert. Vogelschwärme verdunkeln den blutroten Horizont, Zebras kuscheln gestreift, grüne Löwenaugen funkeln, ein Schakal füllt seinen Kühlschrank mit Krokodil-Eiern, Elefanten verspeisen zum Nachtisch einen Baum.

Der Star des deutschen Fernsehens hatte in dieser faszinierenden Bilderwelt nur eine Nebenrolle. Mit seiner wohltönenden Stimme kommentierte er aus dem Off den Kampf ums Überleben, stellte die ökologischen Zusammenhänge her und beschwor auch schon mal die Gefahr, die im Schatten des Dschungels lauert. Ein eher sparsamer Friedrichs, aber auch in diesem Genre kompetent und souverän.

Tiere sind immer populär, zumal wenn sie so präsentiert werden. In diesem Fall garantierten sie den furiosen Start einer neuen Reihe, die uns Schönheit präsentiert, ohne ihre Bedrohung vergessen zu machen. Aber ein Grzimek-Nachfolger will Friedrichs trotzdem nicht werden. Warten wir die nächsten 17 Folgen ab, wenn anderes und schwierigeres Terrain betreten wird. Manfred Kriener

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen