piwik no script img

Abtreibungsdebatte in Irland immer schärfer

■ Vergewaltigtes Mädchen wieder in England

Dublin (taz) — Die 14jährige Irin, die nach einer Vergewaltigung schwanger geworden war, ist am Dienstag nach England gereist. Der Oberste Gerichtshof in Dublin hatte in der vergangenen Woche das Ausreiseverbot der ersten Instanz aufgehoben. Die Eltern des Mädchens betonten jedoch, daß in der englischen Klinik lediglich eine gentechnische Untersuchung vorgenommen werde, um den Vergewaltiger überführen zu können. In Irland ist diese Untersuchung nicht möglich. Zwei Beamte der irischen Polizei haben die 14jährige begleitet, um die „ordnungsgemäße Durchführung der Tests“ zu überwachen. Gegen den Beschuldigten ist bisher keine Anklage erhoben worden. Unterdessen geht die Debatte um eine Lockerung des Abtreibungsverbots weiter, obwohl der Oberste Gerichtshof die Urteilsbegründung noch immer nicht veröffentlicht hat. Für Samstag haben zahlreiche Organisationen zu einer nationale Demonstration in Dublin aufgerufen. Auch die katholische Kirche hat sich wieder zu Wort gemeldet: Der Dubliner Erzbischof Desmond Connell verglich Abtreibung mit dem Nazi-Holocaust. Ruairi Quinn von der Labour Party bezeichnete diese Bemerkung als „beleidigend und wenig hilfreich“. In einem Interview mit dem irischen Fernsehen entgegnete der Bischof daraufhin: „Wir wären alle besser beraten, wenn wir diese Angelegenheit im Beisein Gottes durch Gebete angehen würden, als durch die Diskussion, die so erhitzt geführt wird.“ Der erzreaktionäre Senator Des Hanafin sagte gestern: „Wenn man die Kinder in der Gebärmutter tötet, könnten die Alten, Behinderten und Tatterigen die nächsten sein“.

Verfassungsrechtler haben inzwischen darauf hingewiesen, daß in der irischsprachigen Verfassungsversion das Abtreibungsverbot weniger strikt formuliert ist als in der englischen. Während es im Englischen heißt, der Staat „garantiert das Recht auf Leben des Ungeborenen“, ist im Irischen lediglich davon die Rede, daß der Staat „das Leben des Ungeborenen nicht stören“ dürfe. Diese Version ist jedoch maßgebend, da die Verfassung — zumindest in der Theorie — in irisch geschrieben und dann ins Englische übersetzt wurde. Ralf Sotscheck

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen