KOMMENTAR
: Hütchenspieler

■ Zur CDU-Kampagne gegen Polizeipräsident Schertz

Geht es bei der Kritik der CDU an Polizeipräsident Schertz wirklich noch darum, polizeiliche Aufgaben bestmöglich zu lösen? Vieles spricht dagegen. Zweifellos sind die teilweise dramatisch zunehmenden Kriminalitätsziffern ein Problem. Bei der Auflistung des angeblichen Sündenkatalogs des Polizeipräsidenten aber darf sich auch der hinter der Kampagne stehende CDU-nahe Innensenator Heckelmann als politisch Verantwortlicher an die eigene Nase fassen. Mit der simplen Forderung nach »mehr Grün« auf den Straßen lassen sich die Probleme auch nicht lösen. Dazu braucht es politische Lösungen. Zu ändern ist manches: Die immer noch übermäßige Kasernierung von Polizeikräften gehört ebenso dazu wie die aufgeblähte Bürokratie und die Überlastung der Polizei mit Verwaltungsaufgaben. Die Aufnahme von Diebstahlsanzeigen, die nur der Meldung an die Versicherung dienen und nicht der Aufklärung, könnte privatisiert werden. Die Polizei wird ebenfalls entlastet und nicht mehr zur Lösung eines gesellschaftlichen Problems mißbraucht, wenn eine andere Drogenpolitik die Süchtigen nicht mehr in die Beschaffungskriminalität drängt. Auch der Aufbau eines Landeskriminalamts, um gegen das organisierte Verbrechen vorzugehen, wird von Innensenator Heckelmann seit Monaten nicht vorangebracht.

So aber wird überhaupt nicht diskutiert. Zunehmend fühlt man sich deshalb an das Ende der Amtszeit des Polizeipräsidenten Hübner im Jahre 1987 erinnert. Auch der warf schließlich das Handtuch, nachdem er über Monate vom damaligen Innensenator Kewenig (CDU) zermürbt wurde. Um Sachfragen ging es damals wie heute nicht mehr. Schertz, der nicht länger bereit ist, willfährige Marionette zu sein und den dümmlichen Kreuzzug Heckelmanns gegen die Hütchenspieler mitzutragen, soll weg. Zwar gibt es wenig Grund, den immer blaß gebliebenen Polizeipräsidenten zu verteidigen, aber daß sich ein Innensenator wie ein politischer Hütchenspieler aufspielt, dazu sind die Probleme Berlins zu ernst. Gerd Nowakowski