piwik no script img

Tropenholzhändler vor den Kadi?

Hamburger Holzhandelshaus Richard Anders soll Ghana jahrelang betrogen haben/ Er war bis 1991 oberster deutscher Tropenholzhändler/ Die Trickkiste eines Handelshauses/ In Bonn gern gesehen  ■ Von Werner Paczian

„Der Verein Deutscher Holzeinfuhrhäuser (VDH) kennt die Tropenwald-Problematik in ihrer ganzen Vielschichtigkeit aus eigener Anschauung. Er verfolgt die Entwicklung seit Jahren mit größter Sorge.“ Das erklärte Tropenholzhändler Ekkehard Anders Mitte Februar der Presse in Bonn. Inzwischen muß sich Anders vor allem um seine Firma sorgen, die Richard Anders GmbH & Co. KG mit Sitz in Hamburg. Nach Recherchen der britischen Umweltgruppe „Friends of the Earth“ (FOE) hat das Unternehmen beim Tropenholzhandel in Ghana den westafrikanischen Staat jahrelang mit betrügerischen Machenschaften um hohe Summen geprellt. Unter anderem habe Anders mit Doppelrechnungen und Scheinagenten gearbeitet, heißt es in den FOE-Unterlagen.

Firmenchef Ekkehard Anders ist ein wichtiger Mann. Er leitet nach wie vor die VDH-Fachabteilung „Überseehölzer“, in der sich die Tropenholzimporteure organisiert haben. Bis Mai 1991 war er sogar VDH-Vorsitzender. Anders bestritt auf taz-Anfrage sämtliche Vorwürfe.

Belege wurden gestern in Bonn vom „Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschlands“ (BUND) vorgelegt. Aus den Dokumenten sowie diversen Rechnungen und Briefen aus dem Haus Anders gehen die zwielichtigen Geschäftspraktiken von Anders deutlich hervor.

In einer Reihe von Fällen unterschrieb die Richard Anders GmbH & Co. KG Doppelverträge mit den Lieferanten. Beispiel: Der Kontrakt Tr- G-708/86 über 100 Kubikmeter der Holzart Wawa. Der ghanaischen Kontrollbehörde präsentierte Anders ein Papier, das einen Kubikmeterpreis von 280 Mark aufweist. Ein zweiter Vertrag, allein für den Lieferanten bestimmt, gab den Exportpreis in diesem Fall mit 405 Mark an. Durch fingierte Verträge über äußerst niedrige Holzpreise reduzierten sich die an Ghana zu entrichtenden Zölle, die Exporterlöse des Staates werden drastisch beschnitten. Auf diese Weise, schätzen die ghanaischen Behörden, haben in den achtziger Jahren verschiedene westeuropäische Firmen das Land um mindestens 50 Millionen US-Dollar betrogen. Anders hatte noch weitere Tricks auf Lager. Durch die Verpflichtung von Agenten für Holzgeschäfte will Ghana sicherstellen, daß die Holzpreise möglichst hoch bleiben. Aller Handel geht über die Agenten, und die haben ein Eigeninteresse an hohen Abschlüssen, weil sie vier Prozent der Kaufsumme als Provision erhalten.

Wenn sie unabhängig wären: Doch zwei von den ghanaischen Behörden zugelassene Agenturen waren die Firmen Woodlink AG (Schweiz) und Tradewood Agencies (Nordirland). Nach Aussagen eines früheren Mitarbeiters der Woodlink AG ist Ekkehard Anders bei beiden Unternehmen Hauptgesellschafter. Abwechselnd fungierten die beiden letztgenannten Firmen als Agenten, wenn das Hamburger Stammhaus Holz orderte. Klar, daß die zwei Scheinagenturen kein Interesse an hohen Einkaufspreisen im Exportland zeigten. „Sie wurden uns von 'Richard Anders‘ diktiert“, schreibt der ehemalige Woodlink-Mitarbeiter in einer Stellungnahme.

Damit nicht genug. Friends of the Earth fanden heraus, daß Anders den Lieferfirmen recht eigenwillige Sägeinstruktionen vorgab. Es durften ein paar Millimeter mehr sein. Pech für den cleveren Holzbaron, daß die Kontrollbehörden im Woodlink- Büro auf ein äußerst interessantes Computerprogramm stießen. Fein säuberlich warf es die Ergebnisse der Überschreitung aus, samt der dadurch illegal erwirtschafteten Gelder.

So belegt beispielsweise ein Computerausdruck vom 3. Februar 1989 eine Diffrenz von 38 Kubikmetern Holz zugunsten von Anders. Erschlichener Gewinn allein in diesem Fall: 28.712 Mark.

Noch gilt der hochrangigster Tropenholzfunktionär als überaus hoffähig in Bonn. Anders persönlich überreichte Wirtschaftsminister Möllemann eine Selbstverpflichtung des Holzgewerbes zur nachhaltigen Waldwirtschaft. Und der Minister lobte den „hilfreichen Beitrag auf dem Weg zu einem wirkungsvollen Schutz der tropischen Wälder“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen